Morbus Parkinson
Engl: shaking palsy
Pathophysiologie:
Fortschreitende, symmetrische Degeneration der kleinen, melaninhaltigen (=dopaminergen)
Zellen der Pars compacta in der Substantia nigra. zusätzlich Zelluntergang und
Gliose im noradrenergen Locus coeruleus, im dorsalen Vaguskern, in der
cholinergen Substantia innominata und im serotoninergen Raphekern.
In den überlebenden Zellen: Lewy-Körper (pathognomisch!)
==> Dopaminmangel an striären Rezeptoren, zusätzlich sind auch andere
transmitter verringert: Norardenalin, Serotonin (Raphekern), ACh (Ncl. basalis
Meynert), GABA
- Dopaminmangel ==> motorische Symptome
- ACh-MAngel ==> Demenz
- Serotoninmangel ==> Depression
Symptome:
- Frühsymptome:
- Extremitätenschmerz
- Depression
- Tremor
- Rigor
- Bradykinese, Hypokinese, Akinese
- Pulsionseffekte: Einschränkung der Beweglichkeit, "freezing effect",
"start hesitation"
- Amimie
- Demenz (30-40%)
5-Punkte-Skala (Hoehn und Yahr):
- keine sichtbaren funktionellen Krankheitszeichen
- einseitige Symptomatik
- leichte bis mäßige Behinderung
- schwere Behinderung
- an den Rollstuhl gefesselt oder bettlägrig
Therapie:
Medikamente:
L-Dopa:
Dopamin dringt nicht durch die BHS, daher muss statt dessen ein
Dopaminvorläufer (Levodopa) gegeben werden, der erst durch eine Decarboxylase
in die aktive Form umgewandelt werden muss. Um die periphere Decarboxylase zu
hemmen und so L-Dopa primär im Gehirn in Dopamin umzuwandeln, wird daher
zusätzlich ein Decarboxylasehemmer (Bensazerid oder Carbidopa) gegeben.
Dosierung: 3-5 x 50 mg bis 6 x 100 mg. Die Wirkung läßt jedoch nach ca. 3
Jahren nach.
Nebenwirkungen:
- Hyperkinesen, v.a. in Gesichts-, Hals- und Schultermuskulatur
- On-Off-Perioden: 1-2 x am Tag Phasen von Akinesien, verbunden mit
Traurigkeit
- Psychosen (Halluzinationen, Unruhe, Angst, Aggressivität)
Amantadin:
Toleranzentwicklung in wenigen Monaten, jedoch nur geringe Nebenwirkungen
(Psychosen). Als Notfallmedikament bei akinetischen Krisen.
Dopaminagonisten:
- Ergotaminderivate: Bromocriptin, Pergolid, Dihydroergocriptin,
Cabergolin
- Nonergot-Derivate: Ropirinol, Pramipexol
Kombinationen mit L-Dopa kann Levodopa einsparen.
Monoaminooxidase-B-Hemmer (MAO-B-Hemmer):
- Selegilin soll die Verfügbarkeit von Dopamin im Striatum erhöhen. Ev.
auch neuroprotektive Wirkung durch die Blockade des Dopamin-Abbaus.
- Bupidin (anticholinerge und NMDA-antagonistische Aktivität) ist bei
Tremor gut wirksam.
Anticolinerge Medikamente:
Heute nur untergeordnete Bedeutung
COMT-Inhibitoren (Catechyl-O-Methyl-Transferase)
hemmen den Abbau von L-Dopa
Therapieschema (Progession jeweils bei Wirkungsverlust)
- Bei den ersten Symptomen: L-Dopa oder Dopaminagonisten
- Kombination von L-Dopa und Dopaminagonisten
- Selegilin
- COMT-Inhibitoren
Chirurgische Therapie
Ausschaltungsoperation (Palliotomie und Thalamotomie)
zur Ausschaltung der gestörten Transmitterbalance (GABA > Dopamin)
Implantation von Stimulationssonden
- im ventralen Intermediärkern des Thalamus bei Tremor
- im inneren Pallium bei Akinese
- im Ncl. subthalamicus bei Akinese und On-Off-Phänomenen
Experimentell: Transplantation von fetalen Substantia nigra-Zellen und
NNM-Zellen
Akinetische Krise
- Vollständige Akinese (Bettlägrigkeit, Schluckschwierigkeit, flache
Atmung)
- ==> Exsiccose
- ==> hypostatische bzw. Aspirationspneumonie
Notfallmedikation: Amantadin-Infusion (200-600 mg/d) i.v., Apomorphin 2-4
mg/h s.c.
Differentialdiagnosen
- Symptomatische Formen
- Enzephalitischer Parkinsonismus
- Medikamentös-toxisches Parkinsonsyndrom (Neuroleptika, Designerdrogen
= MPTP)
- Altersparkinsonoid
- Posthypoxisches Parkinson-Syndrom
- Multisystematrophien:
- Supranukleäre Lähmung (z.B. Steele-Richardson-Syndrom)
- Kortikobasale Degeneration
- Olivopontozerebelläre Atrophie
- Primäre orthostatische Hypotension (Shy-Drager-Syndrom)
- Depression (==> gehemmte Motorik)
- katatoner Stupor