Akromegalie
ausgeprägte selektive Vergrößerung der Akren nach dem Wachstumsalter
Ätiologie:
Überproduktion von Somatotropin (STH) in den eosinophilen, seltener chromophoben Zellen des Hypophysenvorderlappens (HVL) meist durch HVL-Adenome, gelegentlich auch reine Zellhyperplasie. Eine ektope STH-Produktion i.·R. eines paraneoplastischen
Syndroms ist beschrieben.
STH-Wirkungen:
- direkte Wirkungen auf den Stoffwechsel:
- Steigerung der Lipolyse im Fettgewebe ==> Freisetzung freier
Fettsäuren
- Insulinantagonistische Wirkung ==> Glukoneogenese steigt, Hemmung
der Glukoseaufnahme in Fett- u. Muskelgewebe
(Postrezeptor-Insulinresistenz)
- Hemmung des Proteinkatabolismus ==> Mangel an glukogenetischen
Aminosäuren
- Wachstumsfördende STH-Wirkung durch Somatomedine (Leber), werden auch als
Insulin-like-growth-factors (IGF) bezeichnet. Allerdings keine Kreuzreaktion
mit Anti-Insulin-AKH. Die Insulin-ähnliche Wirkung beruht auf der
Fähigkeit, die Aminosäure-Aufnahme in die Zelle zu steigern ==>
Syntheserate von Kollagen und Proteoglykanen steigt ==> Vermehrung von
mesenchymalen Zellen (Knochenwachstum)
Klinik:
- Charakteristische Vergröberung der Gesichtszüge inf. vermehrten Wachstums
insbesondere von Gesichtsweichteilen u. -skelett
- Nase
- Ohren
- Jochbeine
- Supraorbitalränder
- Ober- u. insbes. Unterkiefer ==> Zähne können weit auseinander
stehen.
- Lippen
- Zunge (Makroglossie)
- Vergrößerung der Extremitätenakren
- Vergrößerung des Kehlkopfs (tiefe kloßige Stimme)
- Gelenkknorpelwucherungen (Arthrosen)
- Splanchnomegalie (Viszeromegalie)
- Zunahme des Herzgewichts auf >1000g ==> Überschreiten des
kritischen Herzgewichts
- Zunahme der Hautdicke
- Hypertrichose (vermehrte Körperbehaarung)
- euthyreote Struma diffusa
- sowie begleitend verschiedene endokrine Störungen
- herabgesetzte Glukosetoleranz od. instabiler Diabetes mellitus
- Abnahme von Libido u. Potenz, selten Amenorrhoe, Galaktorrhoe,
Cushing-Syndrom
- in etwa 20-30% der Fälle pathogenet. unklare arterielle Hypertonie
- Osteoporose
- Die Pat. klagen häufig über Kopf- u. Gliederschmerzen (lange
Röhrenknochen)
- Parästhesien an den Händen (Karpaltunnel-Syndrom)
- endokrine Myopathie
- Hyperhidrosis
- bei Vorliegen eines HVL-Adenoms ist im Spätstadium das Auftreten eines
Panhypopituitarismus durch weitgehende Verdrängung von Hypophysengewebe
(auch eine Druckatrophie durch die wachsende Sella ist möglich) sowie eine Visusverschlechterung od. bitemporale Hemianopsie durch Kompression des Chiasma opticum möglich.
Diagnostik:
Rö: Sellavergrößerung, später Atrophie des Dorsum sellae, Vergrößerung der Nasennebenhöhlen u. Zunahme der Pneumatisation der Schädelknochen sowie Skelettveränderungen
Labor: radioimmunologischer Nachweis eines erhöhten STH-Blutspiegels,
kombiniert mit verschiedenen Tests:
- orale Glukosebelastung supprimiert normalerweise STH-Ausschüttung, hier
jedoch >5·µg/l
- Glucagon führt normal zu STH-Anstieg, hier paradoxe Ergebnisse
- TRH-Provokationstest: normal keine Reaktion des STH, bei Akromegalie
Anstieg
Therapie:
- mikrochirurgische transsphenoidale selektive Adenomexstirpation (Ther. der
Wahl)
- Strahlentherapie (Hochvolttherapie, stereotaktische Applikation von
Radionukliden)
- medikamentös mit Dopaminagonisten (z.·B. Bromocriptin), evtl.
Prolaktinhemmer
Prognose:
Unbehandelt führt die Akromegalie insbes. zu zerebro- u. kardiovaskulären
Komplikationen, die Lebenserwartung der Pat. ist deutlich eingeschränkt
(Todesursachen: Hirndruck, Linksherzdilatation, hypophysäres Koma).
Bei STH-Überproduktion vor Abschluss des Wachstums resultiert ein proportionaler Riesenwuchs
(Gigantismus, Körpergröße bis > 2m, früh auftretende Myo-, Neuro- und
Arthropathien)