Psychosomatische/somatoforme Störungen (F45)
Konversionsneurosen = Störungen der Motorik und Sinnesorgane auf psychogener
Basis
Organneurosen = psychosomatische Störungen
Zugrundeliegende Theorie der Psychosomatischen Störungen:
- Stress (Selye 1953)
- Stressachsenkonzeption (Henry und Stephen 1997):
- Stressoren, die aktives Eingreifen erfordern, aktivieren die
Amygdala-Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenmarkachse ==> Noradrenalin,
Adrenalin
- Stressoren, die zu Kontroll und Steuerungsverlust führen, aktivieren die
Hippocampus-Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrindenachse ==> ACTH,
Cortisol

Zusammenfassung:
Stress ==> zentrale Aktivierung ==> vegetative
Dysregulation ==> funktionelle Organstörung ==> morphologische
Veränderung
-
Theorie der Nichtspezifität:
Durch Stress unterschiedlicher Art kommt es zur Erregung, dadurch
schließlich zur Schädigung eines individuell vulnerablen Organs.
-
Theorie der Spezifität:
Bestimmte äußere Stressoren befallen bestimmte Organsysteme.
-
Theorie der individuellen Spezifität:
unspezifischer Stress ==> individuell spefifische affektive
Reaktionen ==> spezifische Organbeteiligung
Klinische Erscheinungsbilder:
- Psychosomatische Störungen ohne Organläsion
- somatoforme autonome Funktionsstörung
- Herzneurose (paroxysmale Tachycardie, hyperkinetische
Kreislaufdysregulation)
- nervöses Atemwegssyndrom (psychogene Hyperventilation,
Schluckauf)
- Magenneurose (Reizmagen, Schluckstörungen, Erbrechen), Reizkolon
- Urogenitaöstörungen (Dysurie, Anstieg der Miktionshäufigkeit)
- Somatisierungsstörungen (öhnlich wie Hypochondrie, jedoch mit
Hauptakzent auf den Symptomen und nicht auf dem sekundären
Krankheitsgewinn)
- somatoformes Schmerzsyndrom (Spannungskopfschmerz, Migräne)
- Psychosomatische Störungen mit Organläsion
- Ulcus pepticum
- Colitis ulcerosa / Ileitis terminalis
- Asthma bronchiale
- Koronare Herzkrankheit
- Atopische Neurodermatitis
- Spezielle Störungen des Essverhaltens
- Anorexia nervosa
- Bulimie
- Adipositas
Verlauf:
- Bei eingetretenen Organläsionen oft chronischer Verlauf, gelegentlich bei
Änderung der Lebensumstände auch Spontanremission.
- Bei manchen Patienten Wechsel zwischen psychosomatischer Störung und
Symptomneurose.
- Oft nur Symptomabschwächung erreichbar. Bei Symptomfreiheit spätere
Rezidive möglich
Therapie:
Durch oftmalig geringe Krankheitseinsicht oft nur schwer psychotherapeutisch
zu beeinflussen ==> langfristig supportive Behandlung.
Primär somatische Behandlung. Durch nachlassenden Leidensdruck verschwindet
meist auch der Wunsch nach weiterführender psychiatrischer Therapie.
- Stützende Psychotherapie, Änderung der Lebensführung.
- Entspannungstraining (autogenes Training, progressive Muskelentspannung
nach Jacobson)
- Kausale therapie wäre meist psychoanalytische therapie, in neuerer Zeit
auch Verhaltenstherapie (Biofeedback, Stressmanagement)
- In akuten krisenhaften Zuspitzungen ergänzend Benzodiazepine oder
Antidepressiva.