Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)
Name: Baumgartner Kajetan
Name russisch: Баумгартнер Каетан (Коетан) Иоганович Geboren: 04.04.1899, Hainersdorf (Bezirk Fürstenfeld, Steiermark) Beruf: Automechaniker Letzter Wohnort in Österreich: Kapfenberg (Steiermark) Ankunft in Russland/Sowjetunion: 03.06.1934 Wohnorte in der Sowjetunion: Novosibirsk, Faustovo (Moskovskaja obl.), Krasnodar, Andižan (Usbekistan), Moskau Verhaftet: 13.02.1938, Faustovo (Bezirk Vinogradovo) Anklage: Spionage Urteil: 23.12.1939, Militärstaatsanwalt des Moskauer Wehrkreises, Entlassung Emigrationsmotiv: Schutzbund-Emigration Schicksal: freigelassen Kurzbiografie: Kajetan Baumgartner wurde 1899 in Hainersdorf (Bezirk Fürstenfeld) in der Steiermark in einer kinderreichen Familie geboren. Sein Vater, ein Marktfahrer, starb früh, sein Stiefvater ebenfalls. Baumgartner wuchs in einem Kinderheim auf und erlernte den Beruf eines Automechanikers. Er lebte in Klagenfurt, als er 1916 in die k.u.k. Armee einberufen wurde. Noch im Oktober 1916 geriet er an der rumänischen Front in Kriegsgefangenschaft. Über Bessarabien und Kišinёv (Chişinău) kam er schließlich nach Odessa, von dort in ein Bergwerk, wo er einige Monate arbeiten musste. Als nach der Oktoberrevolution viele Kriegsgefangene aus den Lagern flüchteten, wurde er zusammen mit anderen in ein Lager bei Novonikolaevsk (ab 1926 Novosibirsk) verlegt. Im Frühjahr 1918 ließ er sich von der Roten Armee anwerben und nahm in Sibirien an den Kämpfen gegen Admiral Kolčak teil. Nach der Demobilisierung 1921 ließ sich Baumgartner in Bodajbo im Gebiet Irkutsk nieder, wo er bis 1925 lebte und arbeitete. Er kehrte dann über Moskau nach Österreich zurück, wo er in ein Lager in Graz eingewiesen und verhört wurde. Baumgartner wurde nach zwei Wochen entlassen und fand Arbeit als Schlosser in einer Tabakfabrik in Fürstenfeld. Nach einem halben Jahr wegen Kontakten zu Kommunisten entlassen, erging es ihm an seinem nächsten Arbeitsplatz nicht besser, nach sechs Wochen wurde er auf Vorschlag der Polizei entlassen. In der Folge war er bis zum Februar 1934 häufig arbeitslos. Ab 1926 war er Mitglied der KPÖ. Im Februar 1934 nahm er in Bruck an der Mur auf der Seite des Schutzbundes an den Kämpfen teil und wurde schwer verwundet. Er konnte in die ČSR flüchten, wo er in einem Krankenhaus gesund gepflegt wurde. Im Juni 1934 gelangte er mit dem zweiten Schutzbundtransport nach Russland, wo er sofort in ein Krankenhaus in Moskau eingewiesen und nochmals operiert wurde. Anschließend konnte er sich mit Unterstützung der MOPR (Internationale Rote Hilfe) in einem Sanatorium erholen. Vom österreichischen Staat wurde Baumgartner als Schutzbündler ausgebürgert. Im Schutzbundkollektiv war Baumgartner schlecht angeschrieben, weil er sich durch falsche Angaben über seine Familie eine Wohnung erschlichen hatte. Infolge von Skandalgeschichten und Schlägereien mit seiner Frau wurde er 1935 aus der Partei ausgeschlossen. Er verschwand dann spurlos aus Moskau, wo er im Stalin-Autowerk gearbeitet hatte. Vorübergehend hielt er sich in Krasnodar auf, wo er aufgrund gefälschter Parteidokumente und Lügengeschichten von der MOPR Unterstützung erhielt. Als sein Aufenthalt in Krasnodar durch eine zufällige Begegnung mit dem Schutzbündler Josef Weber, der dort seinen Urlaub verbrachte, bekannt wurde, setzte er sich nach Zentralasien ab, wo er in Andižan (Fergana-Tal) im Osten Usbekistans in einer Baumwollfabrik arbeitete. Im Juni 1937 tauchte er wieder in Moskau auf, bemühte sich bei der Stadtverwaltung um eine Wohnung und arbeitete in einem medizinischen Institut als Chauffeur. Als Baumgartner am 13. Februar 1938 wegen Spionage verhaftet wurde, lebte er in der Umgebung von Moskau, im Ort Faustovo im Bezirk Vinogradovo, und arbeitete als Mechaniker und Fahrer bei der Moskauer Stadtverwaltung (Mossovet). Er war verheiratet und hatte eine siebenjährige Tochter. Anfangs im Gefängnis von Kolomenskoe (damals noch ein Vorort von Moskau), wurde er im August 1939 in die Butyrka verlegt. In den Verhören ging es vor allem um Verleumdung sowjetischer Funktionäre und antisowjetische Agitation. Baumgartner hatte Glück und stieß auf einen verständnisvollen Staatsanwalt, der die Anklageschrift regelrecht zerpflückte: Aussagen von Zeugen oder Gegenüberstellungen waren verfälscht oder inkorrekt aufgezeichnet, die einzige Baumgartner belastende Aussage bezog sich darauf, dass er ständig kritisierte, keine eigene Wohnung für seine Familie auftreiben zu können. Am 23. Dezember 1939 ließ der stellvertretende Staatsanwalt Panov die Anklage fallen und Baumgartner kam frei. Quelle: lists.memo.ru, RGASPI Anmerkung:
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