LISTE

Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)

Name: Nebuschka Friedrich
Name russisch: Небушка Фридрих Матиасович (Фриц Матвеевич, Мюллер Фриц Фридрихович)
Geboren: 06.03.1893, Reisenberg (Bezirk Baden, NÖ)
Beruf: Textilarbeiter, Radiotechniker, Gärtner
Letzter Wohnort in Österreich: Möllersdorf
Ankunft in Russland/Sowjetunion: 25.03.1931
Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau, Puškino (Moskovskaja obl.), Ščelkovo (Moskovskaja obl.), Podlipki (Moskovskaja obl.)
Verhaftet: 29.06.1941, Moskau
Anklage: Spionage und antisowjetische Agitation
Urteil: 11.02.1942, Sonderberatung (OSO), 10 Jahre Lagerhaft
Gestorben: 22.08.1942, Gulag
Rehabilitiert: 28.11.1989, Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Wehrkreises
Emigrationsmotiv: KP-Emigration
Schicksal: im Lager umgekommen
Kurzbiografie: Friedrich Nebuschka wurde 1893 in Reisenberg im Bezirk Baden bei Wien in einer Arbeiterfamilie geboren. Schon im Alter von vierzehn Jahren begann er als Hilfsarbeiter in der nahen Textilfabrik Marienthal in Gramatneusiedl zu arbeiten. Von 1911 bis 1914 war er in einem Textilbetrieb in Velm beschäftigt. Von 1909 bis 1914 war er Mitglied der SAJ. Von 1914 bis 1918 diente er in der k.u.k. Armee, nach dem Krieg war er Landarbeiter auf einem Gutshof. Er war von 1918 bis 1921 aktiver Sozialdemokrat, bis er nach einem erfolglosen Landarbeiterstreik 1921 zur KPÖ wechselte. Danach fand Nebuschka Arbeit in einem Textilbetrieb in Möllersdorf (Gemeinde Traiskirchen), er wurde jedoch 1925 wegen Betätigung als kommunistischer Betriebsrat entlassen. Bis zu seiner Ausreise nach Russland im Februar 1931 war er dann die meiste Zeit arbeitslos. Nebuschka war auch Funktionär der Roten Hilfe und des Freidenkerbundes.
Nebuschka war eines der ersten KPÖ-Mitglieder, die auf die Radioschule der Komintern in Puškino bei Moskau entsandt wurden. Unter dem Decknamen Fritz Müller wurde er vom Mai 1931 bis Ende 1932 als Radiotechniker ausgebildet. Bis 1937 arbeitete er im Radionachrichtendienst der Komintern, allerdings zeitweilig als Gärtner oder als Leiter des landwirtschaftlichen Betriebes des Nachrichtendienstes der Komintern. Im Oktober 1937 versetzte man ihn an einen anderen Standort. Im Zuge einer Säuberung und Reorganisation verlor Nebuschka im Februar 1938 seinen Arbeitsplatz, u.a. weil er als staatenlos galt: er hatte zuerst auf Wunsch der Komintern auf ein Ansuchen um die sowjetische Staatsbürgerschaft verzichtet, seinem späteren Staatsbürgerschaftsansuchen wurde nicht stattgegeben. Dazu kamen Denunziationen, durch die Nebuschka unter Verdacht geriet: er suchte häufig seine ehemalige Arbeitsstätte in Puškino auf und suchte Kontakt zu früheren Arbeitskollegen. Ein Bericht eines gewissen Koževnikov über Nebuschkas Ausflüge nach Puškino ging Anfang Dezember 1937 an den Vorsitzenden des Schiedsgerichts der Internationalen Kontrollkommission IKK, Jan Anvel't. Grigorij Sorkin, der Leiter des Nachrichtendienstes der Komintern, leitete die Denunziation an L.M. Poljaček, den für Untersuchungen in der Komintern zuständigen Offizier des NKVD weiter. Die KPÖ intervenierte mehrmals für Nebuschka, sie wies auf seine gute Parteicharakteristik und auf die Familiensituation hin (er war von der in Österreich gebliebenen KPÖ-Funktionärin Anna Nebuschka geschieden, mit der Russin Anna Paničeva verheiratet und hatte zwei Kinder). Friedl Fürnberg, der österreichische Vertreter beim EKKI (Exekutivkomitee der Komintern), protestierte im Mai 1938 in einem geharnischten Brief an die Kominternführung, in dem er ausführte: "Wir halten es für unmöglich, dass die Komintern Leute, welche auf ihre Anforderung hierher kommandiert wurden, mit ihrer Familie einfach verhungern lässt. Wir ersuchen diese Angelegenheit dringend zu erledigen." Fürnberg setzte durch, dass Nebuschka eine finanzielle Unterstützung der MOPR (Internationale Rote Hilfe) bekam. Schließlich erhielt er 1939 eine Stelle als Gärtner in einem Erholungsheim in Ščelkovo im Gebiet Moskau.
Als Nebuschka am 29. Juni 1941 verhaftet wurde, wohnte er in einem kleinen Ort namens Podlipki, der an der Nord-Bahnlinie in der Nähe von Mytišči liegt. Nebuschka war dort in einem Sanatorium in Tarasovka als Gärtner beschäftigt. Er wurde beschuldigt, mit dem ehemaligen Mitarbeiter der Komintern und des militärischen Geheimdienstes Aleksandr Abram-Mirov, der 1937 verhaftet und als Spion hingerichtet worden war, zusammengearbeitet zu haben. Außerdem wurde ihm - neben den seinerzeitigen Denunziationen Koževnikovs an Jan Anvel't - vorgeworfen, in Podlipki Kontakt zu Mitarbeitern von Rüstungsbetrieben gesucht zu haben. Im Juni 1941 wurde Nebuschka zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Er starb am 7. August 1942 in einem Lager bei Omsk.
Quelle: RGASPI, GARF, lists.memo.ru
Anmerkung: