Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)
Name: Seidemann Rudolf
Name russisch: Зaйдеман Рудольф Генрихович Geboren: 24.09.1892, Wien Beruf: Tanzlehrer, Uhrmacher Letzter Wohnort in Österreich: Wien Wohnorte in der Sowjetunion: Berdičev, Taganrog, Moskau Verhaftet: 23.06.1941, Moskau Anklage: antisowjetische Agitation, Verleumdung von Partei und Regierung Urteil: 11.02.1942, Sonderberatung (OSO), 10 Jahre Lagerhaft Rehabilitiert: 29.03.1994, Staatsanwaltschaft Moskau Emigrationsmotiv: andere Schicksal: unbekannt Kurzbiografie: Rudolf Seidemann wurde 1892 in Wien geboren. Noch im gleichen Jahr übersiedelte er mit seiner Mutter, die nicht verheiratet war, nach Lodz (Łódź) in Polen, wo er protestantisch getauft wurde. Die Eltern waren deutscher Herkunft, aber russische Staatsbürger. Seidemann lebte von 1906 bis 1913 zu Ausbildungszwecken in Deutschland, u. a. in Remscheid, Duisburg, Marxloh (jetzt Stadtteil von Duisburg) und Köln. Anfangs lernte er Schuster, dann machte er eine Ausbildung zum Tanzlehrer und leitete Tanzschulen in mehreren Städten. 1913 übersiedelte er in die Nähe von Warschau, wo er in die russische Armee einberufen wurde, in der er bis 1915 bei der Kavallerie diente und als Feldscher ausgebildet wurde. 1917 war er an der rumänischen Front als Feldscher für Tiere tätig. Im September 1917 schloss er sich der polnischen Nationalarmee an, aus der er bald wieder desertierte. Er lebte und arbeitete dann bis zum Frühjahr 1918 in einer Mühle in der Nähe von Berdičev (Berdyčiv) in der Ukraine. Als die Deutschen das Gebiet besetzten, musste Seidemann als Dolmetscher des Stabes dienen. Er desertierte, versteckte sich in Taganrog, wurde aber bald verhaftet und war bis Ende Dezember 1918 in Taganrog im Gefängnis. Nach der Einnahme der Stadt durch die weißen Truppen Denikins kam er wieder frei. Anfang 1919 versuchte Seidemann, über die lettische Grenze das Land zu verlassen, wurde aber abgefangen. Um der Mobilisierung durch Denikin zu entgehen, verbrannte er seine Papiere und erhielt vom dänischen Konsulat mit Hilfe von zwei österreichischen Zeugen Papiere als österreichischer Kriegsgefangener (mit denen er lebte, bis er 1933 einen sowjetischen Pass erhielt). Er trat dann in die ungarische Arbeiterarmee ein, mit der er nach Omsk verlegt wurde. Im Frühjahr 1920 wurde seine Armeeeinheit aufgelöst und Seidemann kehrte nach Moskau zurück, wo er bis zu seiner Verhaftung lebte. Von 1923 bis 1932 arbeitete er als selbständiger Uhrmacher, später in anderen Berufen, zuletzt als Wächter in der Timirjazev-Akademie für Landwirtschaft. Am 23. Juni 1941 wurde Seidemann verhaftet und der Spionage für Deutschland beschuldigt. In den zahlreichen Verhören bestritt er alle Vorwürfe der Spionage, antisowjetischen Agitation und Verleumdung der sowjetischen Regierung und von Parteifunktionären. Nach seiner Verhaftung wurde er nach Omsk evakuiert und dort am 11. Februar 1942 zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Seidemann war verheiratet und hatte einen behinderten Sohn. Quelle: GARF Anmerkung:
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