Nebennierenrindeninsuffizienz
(chron.) Insuffizienz der Nebennierenrinde (NNR)
Ätiologie:
Primäre Nebennierenrindeninsuffizienz
(Morbus Addison)
sog. Bronzehautkrankheit
verminderte od. fehlende Produktion aller NNR-Hormone (Mineralo- u. Glukokortikoide, Androgene) durch
Störung der NNR (zu mind.
90%) auf Grund von
- Autoimmunreaktion gegen NNR-Zellen (Auto-AK gegen Mikrosomen und
Mitochondrien) (ca. 50%)
- Tuberkulose (ca. 30%)
- Adrenogenitales Syndrom (Fehlen der 21-Hydroxylase)
- andere Ursachen:
- hämorrhagische Nekrose bei Sepsis bzw.
Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
- Arteriitis
- hämorrhagische Diathese
- Karzinommetastasen od. primäre maligne NNR-Tumoren
- Hämochromatose
- Amyloideinlagerung
- plötzliches Absetzen einer Glukokortikoid-Therapie
Folge:
- Störungen des Mineral-, Wasser- u. Säure-Basen-Haushalts (Hyponatriämie, Hypochlorämie,
Hyperkaliämie, Hypermagnesiämie, Hypovolämie durch hypotone Dehydratation bei intrazellulärer Hyperhydratation sowie Azidose)
==> Salzverlust-Krise
- (Kohlenhydrat-)Stoffwechselstörungen (niedriger Blutzucker mit Neigung zu Hypoglykämie u. Hunger, erhöhte Insulinempfindlichkeit, Eiweiß- u.
Fettmobilisation)
- relativ vermehrte Ausschüttung von ACTH (u. MSH) wegen fehlender
Rückkopplung
Klinik:
Die klinischen Erscheinungen sind geprägt durch das Fehlen von
Glukokortikoiden, Mineralokortokoiden und Androgenen. Oft treten bis zur Addison-Krise
(besonders in Stresssituationen) keine Symptome auf.
Addison-Krise:
akut auftretende NNR-Insuffizienz mit absolutem od. relativem Mangel an
NNR-Hormonen; klin. Bild in Abhängigkeit vom Ausfall der mineralokortikoiden od. glukokortikoiden NNR-Funktion wechselnd, u.·U.
lebensbedrohlicher Schock (endokriner Schock);
- orthostatische Hypotonie (RR<110/70mmHg) mit Kollapsneigung, Schock
- allg. Müdigkeit u. Schwäche (Adynamie aufgrund Hyperkaliämie)
- Pigmentierung von Haut u. Schleimhäuten wegen erhöhter POMC-Produktion
des HVL (==> erhöhtes MSH), Lokalisation v.a. an
sonnenbeschienenenHautflächen und Arealen mit hoher Druckbelastung
(Ellenbogen, Knie), auch Vitiligo (Pigmentfreie Flecken auf der
Haut)
- Gewichtsverlust, Dehydratation
- Hypoglykämie, Übelkeit, Erbrechen
- Hyponatriämie, Dehydratation, Azidose, Hypotonie durch Ausfall der
mineralokortikoiden Wirkung
- Tachykardie, Herzrhythmusstörungen, Muskelkrämpfe od. Lähmungserscheinungen, Atemstörungen
(Hyperventilation)
- Apathie, Verwirrtheit u.·a. Bewusstseinsstörungen (bis zum Koma), Konvulsionen, Halluzinationen, evtl. org. bedingtes
Psychosyndrom
- durch Androgenmangel bedingter Muskelschwund (endokrine Myopathie), Impotenz, Amenorrhoe,
- gelegentl. abdominelle Schmerzen, Salzhunger, Diarrhoe, Obstipation
Sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz:
- Erkrankungen der Hypophyse (Adenome, Sheehan-Syndrom: postpartale
HVL-Insuffizienz mit fehlender ACTH-Sekretion) ==> Störung
hauptsächlich der Glukokortikoid-Produktion, da die Aldosteron-Produktion
unabhängig von ACTH über das RAAS geregelt wird.
- Iatrogen: Langzeittherapie mit Glukokortikoiden ==> Hemmmung der
ACTH-Produktion
- Folge: fahl-blasse Hautfarbe.
Diagnose:
- labordiagn. Cortisol im Serum ist wenig aussagekräftig (> 18µg/dl
schließt aber eine akute Addison-Krise aus, Morgenwerte <5µg/dl
beweisen annährend eine NNR-Insuffizienz).
- Besser: ACTH-Test (Gabe ein ACTH-Analogons) sollte normalerweise zu einem
Anstieg des Kortisols >18 µg/dl führen (==> Ausschluss einer
primären NNR-Insuffizienz, sekundäre aber immer noch möglich)
- Bestimmung des basalen ACTH-Spiegels
- Differenzierung zw. primärer und sekundärer NNR-Insuffizienz: Bei
sekundärer NNR-Insuffizienz fehlen Hyperpigmentation, Salzhunger,
Hyperkaliämie und Hypotonie. Außerdem sind meist die anderen hypophysären
Hormonachsen auch bereits ausgefallen (die Glukokortikoidachse ist die
resistenteste!)
Ausscheidung von 17-Hydroxykortikosteroiden, Aldosteronmetaboliten u. 17-Ketosteroiden im Harn vermindert, Plasma-Reninaktivität erhöht, Hypocholesterinämie u. Ketoazidose; hämat. normozytäre Anämie, Leukopenie, Eosinophilie u. Lymhozytose; bei Magensaftuntersuchung Sub- bzw. Anazidität; im EKG Zeichen der Hyperkaliämie, im EEG zerebrale
Dysfunktion
Therapie:
sofortige NNR-Hormon- u. Elektrolytsubstitution sowie Flüssigkeitszufuhr erforderlich.