Hypoventilation - Respiratorische Azidose
Störung im Säure-Basen-Haushalt mit Abfall des art. pH-Wertes unter 7,36
infolge Retention von Kohlendioxid bei alveolärer Hypoventilation.
- Sinken des alveolären O2-Partialdrucks, pA O² <
100 mmHg
- Ansteigen des alveolären CO2-Partialdrucks, pA CO² >
40 mmHg
==> arterielle Hypoxie und Hyperkapnie ==> respiratorische Azidose (s.u.
"Pathogenese")
Ursachen:
- zentrale Atemdepression
- Morphine, Barbiturate
- Schädigung des Atemzentrums
- Behinderung der Atemarbeit
- Rippenserienfrakturen
- Lähmungen der Atemmuskulatur
- zentrale Lähmung des N. phrenicus ==> Zwerchfell-Lähmung
- neuromuskulären Erkrankungen
- Lungenerkrankungen mit Störungen des Gasaustauschs
- pulmonale Verteilungsstörungen
- Asthma bronchiale
- obstruktive od. restriktive Atemstörungen
- Pneumothorax
- Lungenödem
- Pickwick-Syndrom
(nach der Romanfigur Little Joe in Dickens "Die Pickwickier")
Sog. kardiopulmonales Syndrom der Adipösen, Form des Schlafapnoesyndroms.
Hochgradige Fettsucht, arterieller Hypoxämie, Hyperkapnie u. respiratoriche Azidose durch alveoläre Hypoventilation
(pathol.-anat. exzessive Fettablagerung in der Umgebung der Lungen).
Infolge Hyperkapnie (CO2-"Autonarkose") kommt es zu Somnolenz u. anfallsweise auftretenden Schlafzuständen.
Pathogenese
Im Mittelpunkt des Geschehens stehen folgende gekoppelten Reaktionen
Bikarbonat HCO3- <==> OH- + CO2
(Carboanhydrase vermittelt)
H+ + OH- <==> H2O
Durch mangelnde Abatmung von CO2 liegt ein Überschuss dieses
Gases vor, CO2 reagiert mit OH- , es verschiebt sich das
Gleichgewicht Richtung HCO3-. Der
geringere Anteil an OH- erhöht den Anteil freier H+-Ionen
(= Sinken des pH-Wertes = Azidose)
Kompensation: kurzfristig nur durch Pufferung, die metabolische renale Gegenregulation reagiert nur längerfristig bei
chronischer respiratorischer Azidose durch erhöhte tubuläre Rückresorption
von HCO3- und verstärkte Ausscheidung von H+-Ionen
als H2PO4 oder NH4+.
Klinik:
- Zyanose
- Dyspnoe
- Tachykardie
- Blutgasanalyse:
- pH < 7,36
- Standardbikarbonat: normal bis erhöht (bei Kompensation)
- Base excess: ± 3 mmol/l (bei Kompensation positiv erhöht)
- pCO2 > 45·mmHg (Hyperkapnie)
- pO2 erniedrigt
- Hyperkaliämie, da K+ im Austausch gegen H+ vom IZR
in den EZR verschoben wird.
- pH des Harn wird sauer (Hypoxie der Nieren, Kompensationsversuch)
- Reaktivität der Gefäßmuskulatur (auch Hirngefäße) auf Noradrenalin
ist vermindert.
- Durch Steigerung der Hirndurchblutung ==> Liquordruck steigt ==>
Hirndruck
- Der Lungengefäßwiderstand nimmt zu.
- Hypoxie ==> Vasokonstriktion der Lungenarteriolen
- minderbelüftete Alveolen werden zugunsten gut belüfteter
Alveolen weniger perfundiert (Euler-Liljestrand-Mechanismus)
- Negativ inotrope Wirkung auf das Harz
- Orientierungsstörungen bis Koma
- Hyperglykämie, da niedriger pH-Wert die Glykolyse und die
Laktatproduktion stört.
- O2-Bindungskurve ist rechtsverschoben (O2-Abgabe ins
Gewebe erleichtert)
Therapie:
- Steigerung der Ventilation
- bei akuter respiratorischer Azidose ggf. kontrollierte Beatmung
- bei chronischen Störungen (z.·B. infolge obstruktiver Ventilationsstörungen) v.·a.
- Bronchospasmolyse
- Sekretolyse
Durch Gegenregulation kann eine manifeste Azidämie (dekompensierte Azidose) u.·U. verhindert
und die Entgleisung kompensiert bleiben