Asthma bronchiale
Def.: Asthma bronchiale ist definiert durch ein anfallsweises Auftreten von Atemnot
infolge variabler u. reversibler Bronchialverengung durch Entzündung und Hyperreaktivität der Atemwege.
Epidemiologie:
Asthma bronchiale ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen. Ca. 4-5% der Bevölkerung
sind betroffen bei insgesamt zunehmender Inzidenz besonders des gemischtförmigen
und. infektbedingten Asthma bronchiale.
Oft existiert eine familiäre Anamnese mit Asthma bronchiale, Neurodermitis (Atopische
Dermatitis) oder Polyposis nasi.
Auch frühere Krankheiten wie z.B. Kuhmilchallergie könnten pathognomisch
sein.
Exogen-allergisches Asthma bronchiale
IgE-vermittelte Sofortreaktion durch Inhalation von Allergenen (meist Pollen sowie Hausstaubmilben, Tierhaare u. -schuppen, Bettfedern u. Schimmelpilzsporen), seltener durch Nahrungsmittel, Medikamente, Insektengifte u. Hautkontakt mit
Allergenen. Der Beginn der Erkrankung liegt meist schon im Kindesalter, die
Patienten weisen meist eine positive familiäre Atopie auf (autosomal-dominant
erhöhte IgE-Spiegel)
Diagnostik:
- Ausführliche Anamnese
- Hauttestung
- Bestimmung von Gesamt-IgE u. spezif. IgE (RAST)
Kennzeichnend ist die Trias
- Bronchospasmus
- Schleimhautschwellung
- Dyskrinie
Pathogenese
IgE-vermittelte Sofortreaktion: Freisetzung von Histamin, Leukotrienen, Plättchen-aktivierendem Faktor u. anderen
Mediatoren aus Mastzellen u. anderen
Entzündungszellen. (Details der Mastzellaktivierung
siehe dort)
Durch die freigesetzten Mastzellmediatoren werden tight junctions der
Schleimhaut gelockert, so dass die Allergene in die Submukosa eindringen
können, wo sie weitere Mastzellen und neutrophile Granulozyten aktivieren
können
Die Mastzellmediatoren (v.a. Histamin) bewirken
- Bronchokonstriktion
- verstärkte Schleimsekretion und
Viskositätszunahme des Schleims
- lokale und generelle Vasodilatation ==> Schleimhautödem (==> die O2-Diffusionsstrecke
wird erhöht) ==>
Es entwickelt sich eine Ventilstenose (Air trapping) ==>
Lungenüberblähung
Weiters werden durch chemotaktische Faktoren (ECF und NCF) eosinophile und
neutrophile Granulozyten angelockt, die wesentlich zur Spätreaktion (s.u.)
beitragen.
Einfluss des vegetativen Nervensystems:
- Muskarinische Rezeptoren vermitteln vagal-reflektorische,
entzündungsfördernde Stimuli. Die Entzündung führt darüber hinaus zur
Freilegung cholinerger Nervenfasern (irritant receptors)
- Blockade bzw. zu geringe Ausbildung von bronchodilatierenden und/oder
Mastzell-stabilisierenden b-adrenergen Rezeptoren
wird ebenfalls diskutiert.
Phaseneinteilung:
- Sofortreaktion (Frühphasenreaktion,
innerhalb von Minuten)
Hauptsächlich durch Histamin vermittelt
Klinik:
- lokalisierte und generelle Ödeme: RR-Abfall bis anaphylaktischer
Schock
- Rötung und Schwellung der Bronchialschleimhaut
- Schwellung der Nasenschleimhaut mit verstärkter Schleimproduktion (Allerg.
Rhinitis)
- Bronchokonstriktion, Schleimhautödem, Schleimproduktion
- Spätreaktion
(Beginn 4-9 Std. später, hält bis zu 12-24 Stunden an):
- Durch neusynthetisierte (Mastzell-)Mediatoren (LT-C4, -D4,
E4, PG-D2, PAF) vermittelt.
-
Zusätzlich kommt es zur Chemotaxis von Alveolarmakrophagen und (v.A.
eosinophilen) Granulozyten.
- Diese setzen Mediatoren frei:
- Histamin-releasing factors
- Major-Basic-Proteins aus Eosinophilen schädigen direkt die
Bronchialschleimhaut, bewirken Bronchokonstriktion
- Zytokine (IL-1, IL-6,
TNF) stimulieren direkt die vagalen irritant receptors ==>
Bronchokonstriktion
- Subakute bis chronische Phase:
Die permanente Anwesenheit von Entzündungszellen, die dauernd aktiviert werden und
die obigen Faktoren führen zur Ausbildung einer subakuten bis chronischen
Entzündung. Diese führt über Fibrosierung schließlich zur chronisch
obstruktiven Lungenerkrankung (COPD)
Morphologie:
- Makroskopisch Überlappung der Lungenränder als Zeichen der Überblähung
- Auffaltung der Bronchialschleimhaut (Spasmus)
- eingedicktes Sekret
- Curschmann-Spiralen (Schleimfasern)
- Charcot-Leyden-Kristalle (entstanden aus Eosinophilen)
gekennzeichnet durch eine nicht-immunologische Reaktion. Es besteht keine
familiäre Atopie (normale IgE-Spiegel), auch die Hauttests sind negativ.
- Infektbedingtes Asthma bronchiale
Erstmals auftretend im Anschluss an einen bronchopulmonalen Infekt; direkte Stimulierung sensibler Nervenendigungen (engl. irritant receptors) durch Viren u.
Bakterien. Theorie: Die Virus-induzierte Schleimhautentzündung setzt die
Reizschwelle der subepithelial gelegenen irritant receptors herab.
- Physikalisch ausgelöstes Asthma bronchiale
Kältereize, Wetterumschwünge, Rauch etc. stimulieren direkt vagale
irritant receptors
- Gemischtförmiges Asthma bronchiale
Bezeichnung für das gleichzeitige Vorhandensein mehrerer Auslösemechanismen, z.·B. infektbedingte Exazerbation eines allergischen
Asthma bronchiale
- Analgetikabedingtes Asthma bronchiale
Nach Einnahme von Acetylsalicylsäure od. anderen in den
Arachidonsäure-Stoffwechsel eingreifenden
Antiphlogistika wird der Cyclooxygenase-Weg blockiert, ohne in den
Lipoxygenase-Weg einzugreifen. Durch den damit größeren Pool an
Ausgangsstoffen ist das Gleichgewicht zur Bildung von Leukotrienen
verschoben, die bei empfindlichen Personen eine Bronchokonstriktion
auslösen können. Besonders empfindlich sind Patienten mit rekurrenter
Rhinitis und Nasenpolypen.
- Anstrengungsbedingtes Asthma bronchiale (engl. exercise induced asthma)
Ca. 5·Min. nach Ende einer körperlichen Belastung auftretend. Ursache sind
durch Anstrengung freigesetzte Mediatoren, die die vagalen irritant
receptors stimulieren.
- Berufsbedingtes Asthma bronchiale
Durch Inhalation von allergisierenden, chem.-irritativ od. toxisch wirkenden Substanzen am Arbeitsplatz (z.·B. Mehlstaub, Isocyanate);
Klinik
- (exspiratorische) Dyspnoe mit verlängertes Exspirium
- Husten
- meist zäher Auswurf (enthält eosinophile Granulozyten,
Curschmann-Spiralen, Charcot-Leyden-Kristalle);
- trockene Rasselgeräusche (Giemen u. Brummen, oft sogar auf Distanz hörbar)
- hypersonorer Klopfschall
- Abnahme des Ausatemstoßes (Peaks Flow) u. der Vitalkapazität
sowie Zunahme des
Residualvolumens
- Tachycardie als Ausdruck der Rechtsherzbelastung und der psychischen
Belastung
- Rechtsherzinsuffizienz
und kardiogener Schock
- In schweren Fällen Ausbildung eines Status asthmaticus (Tage bis
Wochen!), Eingeschränkte Ventilation bewirkt schwere Zyanose und kann bis
zum Tod führen.
- Langzeitfolgen:
Diagnostik
- Typische klinische Symptomatik (CAVE: Asthma
cardiale zeigt feuchte RG und keinen hypersonoren Klopfschall)
- PRIST (Paper radio immunosorbent test) zeigt den totalen IgE-Titer an.
- RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test)
- Prick-Test (CAVE: wegen anaphylaktischer Reaktion zuvor RAST-Bluttest
durch führen!)
- b2-Sympathomimetika (gegen
Bronchokonstriktion und Mastzelldegranulation, siehe Mastzellaktivierung)
- Parasympatholytika
- Methylxanthine (PDE-Hemmer, z.B. Theophyllin)
- Kortikosteroide
- Cholinrezeptorblocker
- Antiallergika (H1-Rezeptorblocker)
- Mastzellstabilizer (Chromoglycinsäure, z.B. Intal®)
- Immuntherapie
- evtl. Hyposensibilisierung (spez. Immuntherapie): Durch wiederholte,
langsam ansteigende Dosen des Allergens wird der Ig-Switch zu IgG
induziert. Die gebildeten IgGs konkurrieren mit den IgEs um die Epitope des
Allergens. Außerdem wird eine von T-Suppressorzellen getragene Toleranz
induziert.
- Vermeidung der auslösenden Noxe
- Allergenkarenz
Nebenwirkungen: b2-Sympathomimetika
(wie etwa Bricanyl ®)wirken zwar aufgrund der Rezeptorverteilung
schwerpunktmäßig in den Bronchien (b2-Rezeptoren
dort gehäuft), jedoch lässt sich eine Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem
nicht vollständig vermeiden (==> Tachykardie). Lokale Anwendung als
inhalatives Aerosol verringert Nebenwirkungen.
Prognose:
Bei Kindern u. Jugendlichen häufig spontane Remissionen, bei Erwachsenen meist
chronischer Verlauf, u.·U. (nicht zwangsläufig) Übergang in ein obstruktives Lungenemphysem
(COPD) mit Cor pulmonale.