Österreichische Stalin-Opfer (bis 1945)
Karl Gerster © Foto: Familie
| Name: Gerster Karl
Name russisch: Герстер Карл Николаевич Geboren: 21.09.1892, Budapest Beruf: Chemiker Letzter Wohnort in Österreich: Wien Ankunft in Russland/Sowjetunion: 09.03.1932 Wohnorte in der Sowjetunion: Moskau, Odessa, Staryj Čerek (Докъушыкъуей, Kabardino-Balkarische ASSR) Verhaftet: 07.07.1938, Staryj Čerek Emigrationsmotiv: wirtschaftliche Emigration Schicksal: unbekannt Kurzbiografie: Karl Gerster wurde 1892 in Budapest geboren. Er stammte aus einer bürgerlich-liberalen Familie und hatte fünf Geschwister. Sein Vater Nikolaus Gerster wurde in Košice (Kaschau) geboren, er studierte Chemie in Stuttgart und Zürich und arbeitete als Chemiker im Handelsministerium in Budapest. Seine Frau war eine ungarische Adelige. Der Sohn Karl Gerster studierte in Wien und Berlin ebenfalls Chemie. Er wurde im August 1914 zur k.u.k. Armee eingezogen, wo er mit sozialdemokratischen und pazifistischen Ideen in Berührung kam. 1918 wurde Karl Gerster in Budapest Mitglied der ungarischen sozialdemokratischen Partei. Im Dezember 1918 verließ er die Partei und schloss sich den Kommunisten an, kämpfte dann in einer Einheit der ungarischen Roten Armee. Nach dem Ende der Räterepublik gelang Gerster im Oktober 1919 die Flucht nach Wien, wo er zuerst die Parteidruckerei leitete und später eine illegale Druckerei organisierte. Als die Polizei diese Druckerei entdeckte, wurde Gerster arbeitslos. In der Folge wanderte er nach Rumänien aus, wo er politisch wenig aktiv und in der Lebensmittelindustrie beschäftigt war. 1931 verwiesen ihn die rumänischen Behörden des Landes, und Gerster kehrte im Oktober 1931 nach Wien zurück. Wieder arbeitslos, verbrachte Gerster viel Zeit in Bibliotheken und trat im Jänner 1932 der KPÖ im 14. Bezirk bei. Auf der Basis eines Arbeitsvertrages mit einem Moskauer Fleischkombinat emigrierte Gerster im März 1932 nach Russland, wo er nach kurzer Zeit in Moskau nach Odessa versetzt wurde. Dort leitete er die Rekonstruktion einer Ölfabrik und stieg anschließend zum technischen Leiter des ukrainischen Öltrusts auf. Anfang 1938 war Gerster Ingenieur in einem Betrieb in der Siedlung Staryj Čerek im Nordkaukasus (Kabardino-Balkarische ASSR). Die Werksleitung hielt seine Biografie für zweifelhaft und bat die Komintern um eine Charakteristik. Die Antwort erfolgte im Oktober 1938 und fiel negativ aus: Gerster habe in Wien finanziellen Nutzen aus seiner illegalen Tätigkeit gezogen und sei damals mit einem gewissen Peter Zsoldos, einem Gewährsmann Béla Kuns, befreundet gewesen, der 1925 in der Sowjetunion als rumänischer Spion hingerichtet worden sei. Weiters wurde Gerster zur Last gelegt, dass er seit seiner Ankunft in der UdSSR keinen Kontakt zur österreichischen Vertretung beim EKKI (Exekutivkomitee der Komintern) gepflegt habe. Karl Gerster wurde (wahrscheinlich) am 7. Juli 1938 verhaftet. Durch einen aus dem Gefängnis geschmuggelten Kassiber erfuhr die Familie, dass er durch Einmauern zwischen zwei Mauern gefoltert wurde. Über die Anklage und über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Seine Frau Camilla Gerster (Mädchenname Auer, geb. 20.04.1900 in Wien) begleitete 1932 ihren Mann in die Sowjetunion, sie kam am 3. Juni 1943 zusammen mit ihrer Tochter Herta über Lemberg (Львів) nach Wien zurück. Camilla Gerster starb am 3. Februar 1992 in Wien. Quelle: RGASPI, Gestapo-Kartei (Blaue Kartei), Familie Anmerkung:
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