Das vielsagende Wort Babykino fällt in dem Kapitel Selektionen, in dem es um avancierte
(Kultur-)Techniken der Visualisierung von Embryonen geht. Das schwangerschaftsmedizinische Babykino ist, wie es heißt, eine "moralische Technologie", die soziale Pflicht zur Vorsorge ebenso erfüllt wie einübt: Lass nicht nach in der "Selbstentzifferung" und handle verantwortungsvoll in Bezug auf das, was in dir ist. Was das ist, zeigt sich auf panoramatisch montierten Screens – als lustig rotierende digitale Gehirnanimation mit ominös in Rot markierten Feldern oder eben als diffus konturiertes Bewegtbild vom Baby im Bauch – ein ebenso entzückender wie unterschwellig monströser Anblick. Primär allerdings zeigt das Babykino dem vorsorgenden Blick das Bild eines in seinem Wert zu steigernden Humankapitals; also kann es kein Zufall sein, dass dieser Schatz in der Farbe Gold abgebildet wird. (Krankheitsherd-Rot und Baby-Gold sind lange Zeit die einzigen Farben in diesem vorwiegend in Schwarz-Weiß gehaltenen Film.) Die reizworthafte Chiffre "Selektionen", unter der hier denn auch Rechtsfragen pränataler Behindertentötung ausgebreitet werden,
–> projiziert bereits einen im folgenden benannten "Schatten", der noch auf heutige demokratische Biopolitik fällt: den Schatten der im Nationalsozialismus praktizierten "Souveränität" über ein mit aller Macht zu verbesserndes, rein biologisch gefasstes Leben. Das (in der Voice-over lachend ausgesprochene) Wort "Babykino" jedoch kippt unweigerlich auch zu einer anderen, weniger "thanatopolitisch" aufgeladenen Bedeutung um; ist es doch geläufig als Name einer Praxis der Lichtspielvorführung für junge Eltern, die beides wollen – ihr Baby bei sich haben und ins Kino gehen. Das Babykino – mit nicht vollständig verdunkeltem Saal, gedämpftem Ton und babygerechter Filmprogrammierung – erlaubt es, in verantwortungsvoller Sorge zu handeln: gegenüber dem Baby, aber auch gegenüber dem eigenen Genießen (von metropolitanem Kulturkonsum), dem wir in postautoritären –> Kontrollgesellschaften unaufhebbar verpflichtet sind. Vielleicht läuft LDC ja demnächst in einem Babykino Ihres Vertrauens.

© Drehli Robnik, 2012