Bei aller apokalyptischen Anmutung können wir wohl nicht umhin, das, was sich in LDC an Alltag zeigt, in seiner Normalität zu sehen. Und das heißt, als etwas Eingerichtetes, etwas das auf bestimmte Weise gesehen werden soll (und nur so aussieht, als würde es wie Regen vom Himmel fallen), als etwas, das insbesondere durch Normen, durch besorgte, justierende, Verträglichkeits- und Optimierungsspielräume auslotende Machtausübungen ein- und ausgerichtet wird (und weniger durch Gesetze, denn diese werden heute selbst ständig den Normalitäten, Sorgen und rassistischen Unverträglichkeiten angepasst). Aber – und das ist vielleicht die größte Zumutung von LDC – das Normale, das sich hier zeigt, ist ja nicht einer gesicherten Kritik oder wasserdichten sarkastischen Kontrastierung preisgegeben, sondern entfaltet mitunter seine Wirkung als etwas tatsächlich schön, heiter, idyllisch Anmutendes. Auch wenn zum Anblick von Kindern auf der Straße, die City Marathon-Läufer_innen be- und abklatschen, eine Voice-over läuft, die den langen Schatten der nationalsozialistischen Entscheidungsgewalt über Wert und Unwert von Leben ausmalt (in einem Kapitel, das Selektionen heißt: Die, die es "geschafft" haben, sie sollen leben!) – der Anblick von Kindern und –> Joggen hat doch etwas Sonniges, Glücksverheißendes. Dass die Bilder der Kinder nicht in der Kritik der Biopolitik und die Bilder vom Joggen nicht in der Kritik der Selbstführung aufgehen, das bestärkt letztlich den Sinn, den diese Kritiken als Perspektivierungen machen. Etwas schlichter angelegt, ließe sich Ähnliches vom bunten Panorama der Rechtecke und Grids sagen, mit denen im sechsten Kapitel Gesichter und städtische Fußgänger_innen markiert sind: Was oft von der Werbung behauptet wurde, dass nur sie die grauen Städte bunt macht, gilt hier für die Rasterungsverfahren der Bilderkennung – sie sehen aus wie das verheißungsvolle Umspringbild einer bunten (Post-)Humanität. Und schließlich hält LDC an dem Tati´schen Versprechen fest, dass urbaner Alltag jederzeit in Playtime umkippen kann – wie bei dem Kippfenster der beiden Fensterputzer auf der Straße (–> Ununterscheidbarkeit) oder bei dem Mann, der beim Versuch, auf einem Leitkegel zu stehen, fast umkippt: In jeder normalen Bewegung schlummert der Slapstick, oder vielmehr: Erst dieses Schlummern (Potenzial) macht die Normalität komplett und lebbar.

© Drehli Robnik, 2012