Lungenemphysem
Ein Lungenemphysem (gr. emphysaein hineinblasen) ist eine Überdehnung des
Lungengewebes mit irreversibler Vergrößerung des Luftraums distal der Bronchioli terminales durch Zerstörung von Alveolen u.
Lungensepten.
Pathogenese
In der Pathogenese wirken meist verschiedene Faktoren zusammen: Enzymmangel (a1-Antitrypsin)
bzw. -überproduktion (Elastase), Alter und exogene Faktoren (Rauchen!!).
Wesentlich scheint eine Strukturstörung des Stützgerüstes im Bereich
kleiner Lungeneinheiten (Azini und Alveolarwände) zu sein: Bestandteile dieses
Stützgerüstes sind elastische Fasern und Proteoglykane. Ein Ungleichgewicht
von abbauender Elastase (auf Makrophagen und Granulozyten) und diese hemmendem a1-Antitrypsin
führen zur Zerstörung des Stützgerüstes.
Ein weiterer schädigender Faktor ist eine chronische Überdehnung mit
verminderter Perfusion und Atrophie der Alveolen.
Morphologische Formen:
- Zentroazinäres (=zentrilobuläres) Lungenemphysem
("optisch leerer Azinus"):
-
Destruktion im Bereich der Bronchioli respiratorii, v.·a. in den zentralen Anteilen der Lobuli u.
Azini.
- Emphysematöse und normale Abschnitte existieren im selben Lobus oder
Azinus.
- Starke Ausprägung in apikalen Segmenten.
- Emphysemabschnitte beinhalten schwarzes Pigment mit Entzündungszellen
- Ursachen:
- Chronische Bronchitis (starke
Raucher!)
- obstruktive Atemwegerkrankungen (sog. obstruktives Lungenemphysem)
-
Entzündung + Ventilstenose ==> bronchostenotisches Emphysem
-
"Blue bloater": Die Patienten zeigen Hypoxie u. Hyperkapnie
- Panazinäres (=panlobuläres) Lungenemphysem
(abnorm weite Alveolarräume):
- Gleichmäßige Destruktion sämtlicher Strukturen distal der Bronchioli
terminales (gesamter Azinus)
- stark ausgeprägt in den basalen Segmenten (mild) in den vorderen
Lungenrändern.
- häufig Belastungsdyspnoe u. Gewichtsverlust.
- "Pink puffer": Die Patienten haben meist relativ
normale Blutgaswerte, weil sie hyperventilieren, um das
Diffusionsdefizit auszugleichen.
- Ursachen: AAT-Mangel, Marfan-Syndrom
- Bullöses Lungenemphysem
(Emphysemblasen > 1cm):
Untergang des respiratorischen Gewebes mit Ausbildung zahlreicher Blasen
verschiedener Größe ohne begleitende Infektion, u.·U. Kompression des umliegenden Gewebes. Ruptur einer Blase führt zum
Spontanpneumothorax.
- Kompensatorisches Lungenemphysem:
Durch chirurgische od. andere Volumenverminderung (z.·B. Narben) bedingte Überdehnung benachbarter Bezirke
(Randemphysem). Dabei tritt keine Wanddestruktion auf.
Bei einseitigem Pneumothorax wird Luft aus der kollabierten Lunge in den
gesunden Lungenflügel gedrückt.
- Diffuses panazinäres Lungenemphysem:
Duktalveoläre Dilatation u. Atrophie des Lungengewebes im Alter
- Unilobuläres (unilaterales) Lungenemphysem:
Angeborene od. infolge einer frühkindlichen Bronchiolitis erworbene Überblähung eines Lungenlappens bzw. einer Lunge
(Swyer-James- od.
McLeod-Syndrom)
Emphysemarten (nach der Pathogenese):
Durch interstitielle Fibrose und Kalkeinlagerung in die Bronchialknorpel,
sowie durch Elastizitätsverlust der Alveolen (verringerte Elastinproduktion im
Alter) ==>
Totalkapazität annähernd konstant, das Residualvolumen nimmt auf Kosten der
Vitalkapazität zu. Die Leistungsbreite ist eingeschränkt, da die O2-Aufnahme
um 30% reduziert wird.
Es entwickelt sich ein diffuses panazinäres Emphysem.
Das Rauchen ist der häufigste auslösende Faktor in der Entstehung eines
Lungenödems. 2 Angriffspunkte werden diskutiert:
- Verringerte Elastinsynthese
Bestandteile des Zigarettenrauches hemmen die Lysyloxidase, die für die
Quervernetzung des Tropoelastins bei der Synthese des Elastins notwendig
ist.
- Vermehrter Elastinabbau
Elastin wird durch die Elastase, ein proteolytisches Enzym von
Granulozyten, Makrophagen etc., abgebaut. Die Elastase wird jedoch
durch die Wirkung von a1-Antitrypsin (Globulin
aus der Leber, siehe a1-Antitrypsin-Mangel)
inaktiviert und stellt somit einen Schutzfaktor für die Lunge dar. Rauchen
hemmt das a1-Antitrypsin. Gleichzeitig
führt Rauchen zu einer erhöhten Aktivität der Entzündungszellen mit
vermehrter Produktion von Elastin
Die chronische Entzündung führt zu vermehrter Produktion von Elastase in
den Alveolarmakrophagen (==> Staubemphysem) und Granulozyten, was zum Verlust an elastischen Fasern führt.
Etwa 2% aller Emphysembildungen sind auf genetisch bedingten a1-Antitrypsin-Mangel
zurückzuführen. Dadurch wird wiederum verstärkt Elastin abgebaut.
Interstitielles Emphysem
Luft dringt von der Lunge aus in Bindegewebe (Thoraxverletzung, Barotrauma,
Riss einer Emphysemblase beim Husten, wenn die Ausatmung behindert ist).
Die Luft breitet sich dann vom Lungenparenchym ins Mediastinum aus und
dringt dann in die Subkutis (Knistern der Haut) ==> Hautemphysem
Kleinere Luftmengen können resorbiert werden, größere Luftmengen können
aber kleine Lungegefäße zusammendrücken.
Klinik:
- Verschiebung der Atemmittellage nach Inspirationsstellung (Perkutorisch tiefstehende u. kaum atemverschiebliche Lungengrenzen)
- pathologischer Tiffeneau-Test (1-Sekunden-Ausatmungskapazität ist
erniedrigt)
- Vergrößerung des Residualvolumens, auch infolge air trappings
- Eingeschränkte Vitalkapazität (Differenz des Thoraxumfangs zw. maximaler Inspiration u. Exspiration
verkleinert
- Ausfall an elastischer Retraktionskraft, d.h. Compliance sinkt
(Volumendehnbarkeit)
==> Totraum-Vergrößerung ==> Alveoläre Hypoventilation ==>
- Hypoxämie, Hyperkapnie
==> Hyperkapnie ==> Arteriolenkontraktion ==> Pulmonale
Hypertonie
- Atemnot, erst bei Belastung, später auch in Ruhe mit verlängertem
Expirium
- Husten und Keuchen (CAVE: Nicht mit Asthma verwechseln!)
- Gewichtsverlust (CAVE: Verwechslungsgefahr mit malignem Tumor)
- Fassförmiger Thorax mit weiten Interkostalräumen
- Perkussion: Hypersonorer Klopfschall
- Auskultation: Stark abgeschwächtes Atemgeräusch, Vesikuläratmen mit
Giemen und Brummen
Diagnostik:
- Rö: erhöhte Strahlentransparenz der Lungen, rarefizierte Strukturzeichnung, Gefäßkalibersprung, tiefstehendes u. abgeflachtes Zwerchfell, Darstellung kl. Bullae in der
Computertomographie
- Lungenfunktionstest:
- Zunahme des Residualvolumens
- Deutlich eingeschränkte Sekundenkapazität mit sog. Emphysemknick
- Kaum Änderung der Befunde nach Bronchospasmolyse
Therapie:
- Vermeidung der auslösenden Noxe (Nicotinkarenz)
- Therapie der begleitenden oder auslösenden Erkrankungen
- Evtl. Kortikosteroide
- Sauerstoff-Langzeittherapie
- Atemgymnastik