Exploration

A.) Beobachtungen:

In vielen Fällen können bereits durch Beobachtung des Patienten, in dem Moment, in dem er das Zimmer betritt bzw. sich setzt, wichtige Informationen gewonnen werden:

B.) Frage: Warum sind Sie ins Krankenhaus gekommen?

Insbesondere:

C.) Wichtige Symptombereiche

Merkworte:

DEPMANG (1. Depression, 2. Manie, 3. Angststörungen)
KOWAHA (4. Kognitive Störungen, 5. Wahn, 6. Halluzinationen)
SUALMED (7. Suizidalität, 8. Alkohol, 9. Medikamente)
DISSOESS (10. Dissoziative -, 11. Somatoforme -,12.  Essstörungen)

  1. Depressive Verstimmung (F32)

  2. Manische Verstimmung (F30)

  3. Angstzustände/ Zwangsphänomene (F40-F41

  4. Kognitive Störungen

  5. Wahnideen

  6. Halluzinationen

  7. Suizidalität

  8. Alkoholprobleme (F10)

  9. Medikamenten-, Drogenprobleme (andere F1-Probleme)

  10. Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) (F44)

  11. Somatoforme Störungen (F45)

  12. Essstörungen (F50)

Beginn in dem Bereich, in dem der Pat. Beschwerden angibt. Danach sollen aber alle Bereiche angesprochen werden.

Insbesondere sollte nicht vergessen werden, Suizidalität, Alkohol-, Medikamenten- sowie Drogenabusus, produktive Symptome (Halluzinationen und Wahnideen) und kognitive Symptome (Bewusstseinslage, Orientierung, Gedächtnis, Intelligenz und formale Denkstörungen) zu erfragen.

Steht der Pat. bereits unter Therapie, soll auch nach früheren Symptomen gefragt werden.

D. Abschließende Darstellung der erhobenen psychopathologischen Sachverhalte

Zusammenfassung:  "Es handelt sich um eine(n) x-jährige(n) Patienten(in), der (die) …" (Beispiel)

Diese Darstellung soll auch eine Beschreibung des Patienten während der Exploration umfassen. Dabei sollten folgende Bereiche beurteilt werden:

  1. Äußere Erscheinung/Verhalten
    z.B. äußerliche Vernachlässigung, bizarre äußere Erscheinung (besondere Kleider oder Zierrat mit besonderer symbolischer Bedeutung), Verlangsamung und Aktivitätsverlust, Agitiertheit, Unruhe, distanzloses Verhalten, Ablenkbarkeit, Manierismen, bizarre Körperhaltung, Stereotypien, Patient verhält sich, als ob er halluziniere, katatones Verhalten.
  2. Befindlichkeit/Affekt
    z.B. beobachtete Angst, beobachtete Depression, Weinen, theatralisch-hysterisches Verhalten, hypomanische bzw. manische Stimmungslage Gereiztheit, Ratlosigkeit, Affektlabilität, Affektinkontinenz, Affektverarmung, Affektdissoziation.
  3. Sprache
    z.B. verlangsamte Sprache, Sprachverarmung, Mutismus, Rededrang; Sperrungen, Zerfahrenheit, Faseln, Inkohärenz; Ideenflucht, Neologismen; irreführende Antworten, Ausweichen.
    Abschließend sollte sich der Student darüber äußern, woran diagnostisch/ differentialdiagnostisch zu denken wäre.

Die 12 Symptomenbereiche

1. DEPRESSIVE VERSTIMMUNG

Vorschläge für Fragen

In erster Linie denken an:

  1. Syndromdiagnose: Depressives Syndrom

  2. nosologische Diagnose - Querschnitt: Typische Depression (Major Depression),Dysthymie

  3. nosologischen Diagnose - Längsschnitt: affektive Störung (unipolar oder bipolar). (bisherigen Krankheitsverlauf erfragen: episodisch mit freien Intervallen oder chronisch depressiv, Vorhandensein früherer depressiver/manischer Episoden; affektive Störung bei Verwandten ersten Grades).
    Dysthymie
    (Dauer mehr als 2 Jahre, leichtere Ausprägung)

Auch denken an:

Depressive Verstimmung bei Schizophrenie, organischen Störungen (z.B. Hirntumor - neurologische Untersuchung!)

Nicht vergessen:

Suizidalität, Alkohol-, Drogen-, Medikamentenabusus ansprechen

2. MANISCHE VERSTIMMUNG

 Vorschläge für Fragen

 In erster Linie denken an:

  1. Syndromdiagnose: Manisches Syndrom

  2. nosologische Diagnose - Längsschnitt: affektive Störung, bipolar, Vorliegen früherer manischer oder depressiver Episoden und Vorkommen bei Verwandten ersten Grades erfragen

 Auch denken an:

organische Ursachen (z.B. Medikamente, Drogen, frontaler Hirntumor)

3. ANGSTZUSTÄNDE/ ZWANGSPHÄNOMENE

 Vorschläge für Fragen "Angst"

 Vorschläge für Fragen "Zwang"

Merke: Manchmal handelt es sich um Gedankeninhalte, die dem Patienten peinlich sind und die er deshalb nicht preisgeben möchte.

In erster Linie denken an:

  1. Panikstörung: ungerichtete Angst, anfallsartig

  2. Generalisierte Angststörung: ungerichtete Angst, dauernd

  3. Phobie: gerichtete Angst - Agoraphobie, Sozialphobie, spezifische Phobie

  4. Zwangsstörung

 Auch denken an:

Angstgefühle als Folge von Wahninhalten, Angst bei Schizophrenie, bei affektiven Störungen (ängstlich-depressive Verstimmung, Mischbild), bei Alkohol- und Medikamentenentzug, bei organischen Störungen (z.B. Delir). Zwangsgrübeln bei Melancholie (Zwangshandlungen) als Bewältigungsversuch bei Schizophrenie.

4. KOGNITIVE STÖRUNGEN / DENKSTÖRUNGEN

 a. Bewusstseinslage, Orientierung

 Vorschläge für Fragen

 In erster Linie denken an:

Hirnorganische Störungen, akut bei Intoxikation (z.B. medikamentös: Schlafmittelüberdosierung, anticholinerges Delir bei trizyklischen Psychopharmaka), Encephalitis, Schädel-Hirn-Trauma, Alkoholdelir, Dekompensation bei Multiinfarktdemenz, etc.

 

b. Gedächtnis, Intelligenz

Vorschläge für Fragen

In erster Linie denken an:

Hirnorganische Störung, besonders diffuses organisches Psychosyndrom bzw. Demenz. Geistige Behinderung (nach Schulbildung fragen). Achtung: Auch depressive Patienten klagen oft über Merkfähigkeitsstörungen ("Pseudodemenz"). Unterschied zu echter Demenz: Patienten mit Demenz verbergen dieses Symptom eher, depressive Patienten klagen darüber.

Merke: Hirnorganisch bedingte Störungen können sich zusätzlich zu den hier besprochenen Symptomen, auch in zahlreichen anderen Symptomen manifestieren (z.B. Depression bei Hirntumor, Manie bei Morbus Pick, Wahn­ideen bei seniler Demenz, Halluzinationen bei "anticholinergem Delir" - Tollkirsche, Antidepressivaintoxikation). Die unter A. und B. genannten kognitiven Symptome müssen deshalb immer auf ihr Vorliegen überprüft werden - nicht zuletzt auch deshalb, weil es bei organisch bedingten Störungen eine kausale Therapie geben kann. Auf der anderen Seite braucht dann, wenn im Gespräch bald klar ist, dass keine hirnorganische Störung vorliegt, die Intelligenz nicht in allen Einzelheiten überprüft werden.

c. Störungen des Gedankenablaufes ("formale" Denkstörungen)

Derartige Denkstörungen können eventuell nur in den sprachlichen Äußerungen des Patienten beobachtet werden. Allerdings können viele Patienten darüber auch Auskunft geben, besonders wenn die Denkstörungen jetzt nicht mehr vorhanden sind.

 Vorschläge für Screening-Fragen

Schizophrenie:

Beobachtbare Denk- bzw. Sprachstörungen: Zerfahrenheit (logischer Zusammenhang zwischen den einzelnen Gedankengängen geht verloren), Sperrungen (subjektive Beschreibung durch den Patienten: "Die Gedanken reißen ab"). Gedankenentgleisen, Faseln; Neologismen.

Vorschläge für Fragen in Richtung Schizophrenie

  • Kommt/kam es vor, dass Ihnen die Gedanken plötzlich abreißen?

  • Geraten die Gedanken manchmal durcheinander?

  • Beachte: Diese Symptome sind nicht beurteilbar, wenn der Patient unter ausgeprägter Angst, Müdigkeit oder ausgeprägter Denkbeschleunigung oder -verlangsamung leidet.

Manie:

Beschleunigter Gedankengang, oft mit Gedankensprüngen. Logischer Zusammenhang zwischen den Gedankensprüngen meist erhalten.

Vorschläge für Fragen in Richtung Manie

  • Laufen/liefen Ihre Gedanken schneller als sonst ab?

  • Haben/hatten Sie mehr Einfälle als sonst?

Schwere Depression:

Depressive Denkverlangsamung bzw. Denkhemmung; Unvermögen, sich auch in einfachen Dingen zu entscheiden; langsames Versanden des Gedankenganges (Unterschied zur Sperrung: dort plötzlicher Abbruch). Störungen der Auffassung, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit kommen auch im Rahmen einer Depression vor ("Pseudodemenz"). Symptome des endogenomorph-depressiven Achsensyndroms erfragen!

Vorschläge für Fragen in Richtung schwere Depression

  • Laufen/liefen Ihre Gedanken langsamer als sonst ab?

  • Geht das Denken nur wie gegen einen Widerstand?

  • Fallen Ihnen auch in alltäglichen Dingen die Entscheidungen schwer?

  • Haben Sie weniger Einfälle als sonst?

Zwangsneurose:

Zwangsgedanken (siehe Abschnitt 3)

Organisch bedingte formale Denkstörungen: Inkohärenz, Perseveration, Umständlichkeit.

 

5. WAHNIDEEN

Vorschläge für Fragen

 Nicht vergessen:

 In erster Linie denken an:

Merke: Oft kann es keine nosologische Zuordnung erfolgen und es muss bei einer Diagnose auf Syndrom-Ebene bleiben (z.B. paraphrenes Syndrom).

6. HALLUZINATIONEN

Vorschläge für Fragen

 In erster Linie denken an:

Merke: Unterscheide Halluzinationen (kein reales Substrat) von illusionären Verkennungen (reales Substrat vorhanden, wird aber verändert wahrgenommen). Unterscheide echte von Pseudohalluzinationen (= Patient ist sich dessen bewusst, dass er Trugwahrnehmungen hat).

7. SUIZIDALITÄT

Vorschläge für Fragen

Beurteile das Vorliegen eines präsuizidalen Syndroms: Konkrete Selbstmordphantasien, Einengung (dynamisch, situativ, Sozialkontakt, Wertwelt: Patient zieht sich zurück, sieht alles aussichtslos, frühere Werte gelten nicht mehr - z.B. Religion, Kinder), Wendung der Aggression gegen sich selbst

In erster Linie denken an:

  1. "Typische Depression"
  2. "Dysthymie"
  3. "Akute Belastungsreaktion"
  4. "Anpassungsstörung"

Merke: Nicht die nosologische Zuordnung, sondern die Antriebslage ist für die Suizidgefahr entscheidend! Gesteigerter Antrieb ist gefährlich!

Auch denken an:

Alkohol, Medikamenten-, Drogenprobleme, Schizophrenie, Organische Störung

8. ALKOHOLPROBLEME

Vorschläge für Fragen

9. MEDIKAMENTEN-/DROGENPROBLEME

Vorschläge für Fragen

10. DISSOZIATIVE STÖRUNGEN (KONVERSIONSSTÖRUNGEN, INKL. ANFÄLLE)

 a) Konversionsstörungen

An dissoziative Bewegungs- und Sensibilitätsstörungen denken, wenn bei Gangstörungen, motorischen Lähmungen, Sensibilitätsstörungen, plötzlich auftretender Blindheit oder Taubheit keine organische Ursache nachgewiesen werden kann.
Konversion ist ein aus tiefenpsychologischer Sicht spezifischer Mechanismus der Symptombildung, wobei der unbewusste psychische Konflikt in symbolischer Form in körperlichen Symptomen im Bereich des sensomotorischen Nervensystems zum Ausdruck gebracht wird.

Beachte: meist normaler Reflex-Status bei dissoziativer Lähmung, dissoziative Sensibilitätsstörung meist nicht dem Versorgungsgebiet bestimmter Nerven entsprechend; normale evozierte Potentiale bei dissoziativer Blindheit oder Taubheit.

b) Anfälle

Vorschläge für Fragen

Auch denken an:

Synkopen bei internistischer Grundkrankheit (z.B. Adam-Stokes-Anfälle, etc.).

Fragen nach Schädeltraumen, Alkohol- und Medikamenten- bzw. Drogenmissbrauch nicht vergessen!

11. SOMATOFORME STÖRUNGEN

Vorschläge für Fragen

12. ESSSTÖRUNGEN

Vorschläge für Fragen