Wildenstein

Höher und höher mit jeglichem Schritt.
Reißt dich der Berggeist mächtiger mit.
Hinter dir lastende Schwere und Pein,
Frei wie die Lüfte sollst oben du sein!

Düfte, die hoch mit den Wolken gehn,
Fühlst du berauschend entgegen dir wehn.
Grüßend und singend, hinflutend so hell,
Ladet der Wildbach empor dich zum Quell.

Höher und höher, wie siegesbewußt,
Dehnt sich dir weiter und froher die Brust.
Tief dir zu Füßen die Lande, die Au'n,
Wälder und strömende Wasser zu schau'n.

Öffne dein Herz! Ist's enge und klein,
Kann's nicht Genosse der Höhen sein.
Bist du den einsamen Bergen gesellt,
Wirf sie hinunter, die Schwächen der Welt!

Marie Valerie, geschrieben auf Wildenstein 1880.
Erzherzogin Marie Valerie (1868-1924), die jüngste Tochter von Kaiser Franz Joseph I.,
vermählte sich am 31. Juli 1890 in der Ischler Pfarrkirche mit Erzherzog Franz Salvator.
Die Trauung vollzog Bischof Doppelbauer aus Linz, indessen präludierte Anton Bruckner
auf der Orgel. Ganz Ischl war mit Blumenkränzen und Fahnen reich geschmückt.
Die Galatafel fand im Kurhaus statt.
Vgl. Franziska Krupitz, Aus Alt-Ischl, Seite 86 ff., Wien 1909
und Prochaska, Geschichte des Badeortes Ischl, Seite 56 ff., Linz 1924.

Copyright by IHV - Auszug aus 'Mitteilungen' Folge 23 / 1997