Bevor mit dem Setzungsakt eines –> "Ich denke" der erste vollgültige Satz eines der Expert_innen in LDC beginnt, hat das Sound Design des Films schon längst seine Parameter für den Umgang mit den Stimmen der Gelehrten etabliert (deren Namen und Fachgebiete der Abspann auflistet). Der Bekundung des denkenden Ich geht eine Verteilung der Stimmen voran, die deren wissende Lehrmeisterschaft durchkreuzt. Zwar dominieren die von Palm an verschiedenen Orten (vorwiegend in Deutschland und Österreich) interviewten Expert_innen den Ton von LDC, jedoch quasi um den Preis, dass sie nicht als körperlos-göttliche Wissensallmacht, gemessener bon discours oder "durchdringendes" Wort in Erscheinung treten, sondern als Soundscape. Das heißt: Sie erklingen nur im Off (wir sehen keine talking heads vor Bücherwänden), aber in Form von Sätzen und Satzteilen, die von ihrer jeweiligen Herkunft abstrahiert sind, als Montage, die sich vom TV-Soundbite ebenso unterscheidet wie vom Essayfilm-typischen Kommentarmonolog. Wie kommen die Stimmen ins Spiel? Zunächst als vielstimmiges, maßlos verteiltes ("dividuelles") Gemurmel, das etwas von einer Orchesterprobe unmittelbar vor dem Konzert hat, während auch im Bild, im Zeichen von lense flares und Reflexionen, ein Prozess der Einjustierung des Sichtbaren abläuft; zu vernehmen sind Satzfetzen wie "nicht kompetent fühle". Danach hören wir einen englischsprachigen Experten beim murmelnden Äußern von Ratlosigkeit gegenüber der Technik und dem, worauf der "look" stößt: "Something´s wrong with the cable... Now, let´s have a look... What the hell is this?" Diese akustischen Vorspiele sind die Settings für das Spiel der und mit den Stimmen in LDC: In einer für das Cogito der Expertise (bei aller Einsicht, die sie eröffnet) irreduziblen Weise bleibt das Sprechen hier rückgebunden an die Dimension des eigendynamisch verteilten Geräuschs und des ratlosen Murmelns. Die Worte der Expert_innen gehen natürlich bei weitem nicht in der Malfunction auf (nach der jene Filmreihe benannt ist, in der LDC die Nummer #0 trägt), aber sie werden diese auch nie ganz los. Eher machttheoretisch gesagt: Im Sinn von –> Kontrollmacht als niedrigauflösender Form des Regierens gewährt LDC auch der Kritik und Reflexion, die dieser Film in Umlauf bringt, nicht die Zentralmacht-Position des Philosophen-Königs oder der definierenden Stimme; die –> Theorie bezieht hier nicht eine souveräne, in einem sicheren Außen verortete Position. Eher Sound-ästhetisch gesagt: Die Art, wie hier Stimmen gerendert und montiert sind, geht zum einen in Richtung eines Orchesters der Timbres und Dialekte, Klangräume, Sprechrhythmen und Redeweisen, wo ein Murmeln oder Lachen tendenziell Argument und Atmo zugleich ist; zum anderen in Richtung einer Dialog-Comedy, in der Expert_innen einander ins Wort zu fallen scheinen (auch und gerade durch bestätigende Wort-Zwischenschnitte wie "Dem schließ ich mich gerne vorbehaltlos an", "Jo, genau...", "Ja, das wär´s vielleicht" oder "Eine schöne Abkürzung!"), sodass das Register des Wissens, des nie restlos aufeinander abgestimmten Sicht- und Sagbaren, immer vom Register der Kräfte und Bemächtigungen heimgesucht wird.

© Drehli Robnik, 2012