Die Idee einer Rettung durch Film (wörtlich sogar "Rettung der Welt durch Film") wird im Schlusskapitel –> Die lebenden Toten als solche angesprochen. Schon davor bietet LDC ein Bild für etwas, das in einem recht handgreiflichen Sinn "Rettung durch Film" heißen kann: Drei Videomonitore zeigen eine Person beim unbefugten Hinuntersteigen auf U-Bahn-Gleise, sowie Fahrgäste, die in die Überwachungskamera gestikulieren, dadurch den nahenden Zug stoppen und die Person retten (oder vom Suizid abhalten). Rettung aus akuter Gefahr also. Gegen Ende von LDC, ausgehend vom bildfenstergewordenen Aquarium als Arche-Noah-artiges Archiv von Lebewesen und Schauanordnung (–> Fenstergucker), geht es um Rettung als Frage des Überlebens weniger durch Film bzw. Bildübertragung in Echtzeit, sondern auf Film, in Bilddatenbanken, aufgezeichnet und gespeichert für lange Dauer (etwa als Archiv weltweiter Überwachungskamerabilder). Aber die Expert_innen, die über solches "Überleben in neuen Modalitäten" räsonieren, hegen da ihre Zweifel: Niemand würde sich diese Bilder anschauen; in ihnen zu überleben wäre "wie im Grab liegen". Da geistert (mehr noch als der Ontologe filmisch mumifizierten Lebens André Bazin; –> Fenstergucker) der Kino- und Geschichtsdenker Siegfried Kracauer durch den Diskurs und Bildbestand, zumal Kracauers Begriff der Rettung, eben auch Rettung durch Film. Von diesem her gedacht wäre die Frage, was die akute Gefahr ist, aus der Film rettet? Und worin besteht die Rettung? Wohl nicht in einer Vorkehrung zur Unfallverhütung (aber auch nicht im apokalyptischen Beschwören kommender Katastrophen, wie sie heute manch messianisches Denken mit Bezug auf Film formuliert). Geht es um die Frage, wie das filmisch Aufgezeichnete zu sehen wäre, nämlich so, dass es nicht "im Grab liegt"? Wobei nun dieser Rettungsgedanke von einem christlichen oder dornröschenhaften Messianismus einer Erlösung qua Auferstehung, Wachküssen etc. zu unterscheiden wäre; ebenso wie das "Anschauen", die Wahrnehmungsbeziehung zur und in der filmisch archivierten Welt, etwas anders sein müsste als das, was –> Gaffer wie wir vor dem Fenster des Riesen-Aquariums tun. Vielleicht müsste man von diesem Rettungsgedanken aus, mit Heide Schlüpmann weitergedacht, einen weiteren Schritt tun: vom Film als "art with a difference" und von Geschichte als "science with a difference" (jeweils Kracauer), also nicht Aufzeichnungsarchiv, sondern Erkenntnis im Wahrnehmen, "FilmTheorie" (Schlüpmann), weiter zum Kino – und das heißt: zu Praktiken eines massenweisen, beliebigen, aber auch strategischen Umgangs mit (und von) Film, in denen jene Intimität (Brechung individualistischer Selbstvergegenwärtigung), die Bilder uns antun können, ins Kontingente und Dividuelle zerstreut, mithin öffentlich wird. Um Öffentlichkeit ginge es also bei der filmisch vermittelten Rettung wohl eher als ums Konserviertbleiben im Bildergrab.

© Drehli Robnik, 2012