Störungen der Abwehrsysteme können primär oder erworben sein. Bei den erworbenen Immundefekten ist die HIV-Infektion mit der Konsequenz von AIDS eine der wichtigsten Erscheinungen.
Beide Abwehrsysteme - das natürlich wie auch das spezifische - können primäre Defekte aufweisen. Diese sollen hier behandelt werden.
Auswirkungen: Erhöhte Infektneigung gegenüber extrazellulären Bakterien
Auswirkungen: Rezidivierende bakterielle Infektionen (neben anderen Störungen, die nicht das Abwehrsystem betreffen)
X-chromosomal-rezessive (==> nur Knaben betroffen) Reifungsstörung von B-Zellen (fehlerhafte Tyrosinkinase), diese fehlen vollständig im peripheren Blut und im Gewebe. In Lymphknoten findet man keine sekundären Follikel und keine Plasmazellen und keine AK-Bildung auf antigenen Reiz.
AK aller Klassen (v.a. aber IgG) sind extrem vermindert.
Das T-Zell-Areal ist normal oder ev. erhöht, die T-Zell-Funktion ist intakt. Zellvermittelte Immunreaktionen sind normal, virale Infekte werden gut kontrolliert
Klinik:
- Im Säuglingsalter treten nach dem Verlust des Nestschutzes (6-24 Monate) Infektionen v.a. mit pyogenen Bakterien auf (Atemwegsinfekte, Meningitis, Pyodermie, Sepsis)
- In etwa 30% Assoziation zu seronegativer Oligoarthritis
Blockierung der Differenzierung zu Plasmazellen mit bestimmten Ig-Klassen. Je nach Ausfall:
- selektiver IgA-Mangel: 50% symptomlos, 50% auch schwere Erkrankungen (Atopie, erhöhte IgE-Spiegel).
Oft Assoziation mit HLA-B8 und DR3 und mit Autoimmunerkrankungen wie SLE oder Zöliakie.- selektiver IgG-Subklassen-Mangel: Besonders ein IgG2-Mangel führt zu schweren Infekten mit H. influencae, Meningokokken, Pneumokokken.
CAVE: Bei rezidivierenden Infekten der Luftwege (ohne bek. Ursache) quantitative Bestimmung der IgG-Subklassen empfohlen!- selektiver IgM-Mangel: häufig Infektionen mit gram-negativen Bakterien
- Hyper-IgM-Syndrom: X-chromosomal-rezessiver Defekt des CD40-Liganden ==> Ausbleiben des Ig-Switch zu IgG und IgA, dafür erhöhte IgM und IgD, keine B-Gedächtniszellen.
ätiologisch uneinheitlich, Auftreten erst im späteren Leben. Assozioation häufig mit HLA-A1, B8, DR3 (ähnlich SLE).
Mögliche Ursachen:
- Arretierung der B-Zell-Reifung ==> keine Bildung von Plasmazellen
- Störung der B-Zell-Regulation durch TH-Zellen
- Auto-AK gegen reifende B-Zellen
- Blockierung der Ig-Sekretion durch fehlerhafte Glykosilierung
Klinik:
- rezidivierende pyogene Infektionen
- rezidivierende bronchopulmonale Infektionen (==> Bronchiektasen)
Klinisch stehen bei T-Zell-Defekten rezidivierende Infektionen mit Viren, intrazellulären Bakterien, Pilzen und Protozoen im Vordergrund.
Mögliche Gründe für Störungen der T-Lymphozyten sind
In der 12. SSW auftretende embryonale Entwicklungsstörung im Bereich der 3. und 4. Schlundtasche. In der Folge sind die daraus entstehenden Organe in ihrer Funktion stark eingeschränkt:
- Primärer Hypoparathyreoidismus ==> hypocalcämische Tetanie (aufgrund PTH-Mangel)
- Kardiovaskuläre Anomalien (Aortenbogen)
- Thymushypoplasie
- Gesichtsfehlbildungen
- Hypothyreose
- Ösophagusatresie
Die Thymushypoplasie geht in 20% mit einer drastisch verminderten Zahl an T-Zellen einher (Anteil der B-Zellen ist erhöht) ==> hohe Infektanfälligkeit
Therapie symptomatisch, Ca++ und Vit. D.
Das Nezelof-Syndrom ist die leichtere Variante des DiGeorge-Syndroms ohne Missbildungen.
- Fehlen des CD3-Komplexes
- Verminderte Bildung von Zytokinen (==> z.B. chronische mukokutane Candidiasis, dabei häufig Assoziation mit z.B. Mb. Addison)
- Störung der Expression des IL-2-Rezeptors
Ausfall der zellulären (T-Zellen) und der humoralen (B-Zellen) Immunantwort, gekennzeichnet durch
- Hochgradige Lymphopenie (< 109 / l) im peripheren Blut
- Thymus mit embryonaler Struktur ohne Lymphoblasten und Lymphozyten
- Lymphknoten und andere sekundäre Organe ohne zonale Gliederung
Der Tod tritt oft innerhalb weniger Tage bis Wochen nach der Geburt durch nicht beherrschbare Infektionen auf (Haut, Luftwege, GI-Trakt), die bakteriell, viral und/oder parasitär sein können.
Mögliche Ursachen:
- X-chromosomal vererbte Form
Mutation in den Genen der g-Kette mehrerer Zytokinrezeptoren ==> Unempfindlichkeit gegenüber Wachstumsfaktoren fü. B- und T-Zellen- Stammzelldefekt ("Swiss type SCID")
Autosomale rezessiv, vermutlich Defekt der Rekombinase, sodass die V-, D- und J-Gene von TCR und Ig nicht richtig verknüpft werden können.
Tod durch Sepsis (Septikämie und Virämie)- SCID bei Adenosindesaminase-Mangel (ADA-Mangel)
autosomal-rezessiv. ADA spiel eine wichtige Rolle im Recycling von Purinen, durch die enzymatische Störung häufen sich daher toxische Zwischenprodukte an (Desoxyadenosin), die einerseits die Nukleotidsynthese (Tymidin) hemmen und zu einem Energiemangel führen (ATP fehlt).
X-chromosomal-rezessiv Defekt eines Proteins der Signaltransduktion für die Funktion des Aktin-Zytoskeletts. Der genaue pathogenetische Mechanismus ist noch unklar ==> Pathologisches Fehlen der Aktinbündelung in T-Zellen und Thrombozyten ==> gestörte Ag-Präsentation durch Phagozyten.
Klinik:
- Verminderte T-Zellen-Zahl (Parakortikale Region der Lymphknoten verschmälert)
- Thrombozytopenie und -Funktionsstörung ==> Erhöhte Blutungsneigung
- Infektanfälligkeit (IgM-Mangel, IgG normal, IgA und IgE oft erhöht)
- Ekzeme
- erhöhte Rate an malignen Erkrankungen (Lymphome)