Aneurysma
Definition
umschriebene Ausweitung eines art. Blutgefäßes infolge
angeborener od. erworbener Wandveränderung
Morphologisch als sackförmiges (A. sacciforme), spindelförmiges
(A. fusiforme sive cylindricum), kahnförmiges (A. naviculare sive cuneiforme)
od. geschlängeltes Aneurysma (A. serpentinum) bzw. Trauben- od. Rankenaneurysma
(A. cirsoideum sive racemosum)
pathologisch-anatomische Formen
1. |
Aneurysma verum (echtes Aneurysma)
mit Ausdehnung aller Wandschichten bei erhaltener Gefäßwandkontinuität; |
2. |
Aneurysma spurium (falsches Aneurysma),
bei dem ein perivasales, z.T. endothelialisiertes u. organisiertes Hämatom
mit der Gefäßlichtung in Verbindung steht. Entstehung aus dem
Extravasat nach Gefäßwandeinriss. |
3. |
Aneurysma dissecans infolge
Einrisses der Intima mit Wühlblutung u. Kanalisierung innerhalb der Gefäßwand
(Media), evtl. distaler Wiedereinmündung in das Gefäßlumen |
4. |
Aneurysma arteriovenosum infolge
aneurysmatischer Verbindung zw. Arterie u. Vene (Sonderform der
arteriovenösen Fistel) |
In 90% der Fälle sind abdominelle Aortenaneurysmen distal der
Nierenarterienabgänge gelegen (infrarenales Aortenaneurysma)
Ätiologie
- angeborene Fehlbildung v.a. im Bereich der
Hirnbasisarterien (intrakranielles Aneurysma)
- Arteriosklerose
(v.a. Aorta abdominalis u. Beckenarterien)
- Medianekrose
- system. Vaskulitis
(z.B. Periarteriitis nodosa)
- Syphilis (Mesaortitis luica)
- rheumatisches Fieber
- Marfan-Syndrom,
Ehlers-Danlos-Syndrom
- inf. Arrosion von außen (z.B. der Aorta bei
perforierendem Ulcus ventriculi)
- nach gefäßchirurgischen Eingriffen
- idiopathisch
- posttraumatisch
Klinik
- häufig Zufallsbefund, je nach Lokalisation evtl.
Pulsation u. Kompressionserscheinungen (bei großem Aneurysma)
- Dehnungsschmerz (bevorstehende Ruptur):
- diffuser Schmerz im Mittelbauch mit Ausstrahlung in die Flankenregion
- Schmerzen infolge Durchblutungsstörungen
- zunehmende Thrombosierung
- akuter Aortenverschluss
- als absteigendes Ischämiesyndrom inf. Verlegung von Seitenästen der
Aorta bei dissezierendem Aortenaneurysma
- Thoraxschmerz
- Angina pectoris
- Angina abdominalis
- Akutes Abdomen
- Hypertonie (bei Beteiligung
der A. renalis)
häufige Fehldiagnosen: Nierenkolik, Lumboischialgie, Divertikulitis,
Enterokolitis, Cholezystolithiasis
Diagnostik
- Palpation (pulsierender Tumor)
- Auskultation (Gefäßgeräusch)
- Ultraschalldiagnostik
- Röntgen
- Computertomographie
- Angiographie
- Angio-MRT
Therapie
Behandlung der Grunderkrankung
evtl. chir. Entfernung u. Überbrückung des aneurysmatischen Gefäßabschnitts
Komplikationen
- periphere art. Embolie,
- Ruptur (z.B. Aortenruptur)
Rupturiertes abdominelles Aortenaneurysma
Klinik:
- plötzlicher abdomineller Schmerz
- Schock
Meist ist die Ruptur zuerst gedeckt (Retroperitoneum), wodurch Chancen auf
eine vorübergehende Stabilisierung nach anfänglicher Schockbekämpfung
bestehen (==> Hubschrauber ad Gefäßchirurgie!!!)
Bei primär freier Ruptur sind die Überlebenschancen sehr gering.
Selten erfolgt die Ruptur in ein anderes Hohlorgan, z.B. ins Duodenum oder in
die V. cava (==> zentrale AV-Fistel ==> akute kardiale Dekompensation)
Chirurgische Intervention:
Bei rupturiertem Aneurysma muss immer chirurgisch saniert werden.
Sonstige OP-Indikationen:
- jedes symptomatische Aneurysma
- jedes Aneurysma mit Durchmesser > 5 cm
- Aneurysmen mit Größenzunahme
- sackförmige Aneurysmen
- inflammatorische Aneurysmen (mit entzündlicher
Komponente)
Bei der konservativen Therapie asymptomatischer Aneurysmen
stehen RR-Kontrolle und regelmäßige Sono-Kontrollen (alle 3 Monate bis
jährlich) im Vordergrund.
Operationsmethode:
- Mediane Laparatomie (vom Xiphoid bis zur Symphyse)
- Eröffnung des hinteren Peritoneums und Darstellung der
Aorta zwischen Nierenarterien und Aa. iliacae
- Ausklemmen des gesamten Aneurysmas (infrarenal und
postaneurysmatisch)
- Längseröffnung des Aneurysmasackes, Entfernung von
Thromben.
- Absetzen der A. mesenterica inf. (mit einem Patch aus
der Aorta)
- Rekonstruktion mittels gerader Rohrprotese (Tubegraft)
oder Y-Prothese an die Ae. iliacae (Dacron®, z.B. Unigraft®,
ev. Implantation der A. mesenterica inf.
- Decken der Prothese durch verschließende Naht des
Aneurysmasackes und des Peritoneums
Unter Umständen ist ein minimal invasives Vorgehen durch
endoluminale Implantation eines selbstexpandierenden Stents über den femoralen
Zugang möglich. Voraussetzung ist ein genügend langer infrarenaler
Aneurysmahals.