AIDS
AIDS = acquired immunodeficiency syndrom
AIDS ist das Syndrom des Vollbildes einer Infekt mit den Lentiviren HIV-1,
HIV-2 und HIV-3. HIV ist ein Retrovirus, d.h. die virale dsRNA wird durch eine
viruseigene (mitgebrachte) reverse Transkriptase in dsDNA umgeschrieben und
danach ins Wirtsgenom eingebaut. Es entsteht damit eine latente Infektion, die
u.U. lange symptomlos bleiben kann.
Übertragungswege:
- Sexualkontakte (Schleimhautläsionen; Erreger in
Vaginalsekret, Spermaflüssigkeit und Speichel))
- Blut- und Blutprodukte (heute
wegen standardmäßiger Tests selten)
- needle-sharing von i.v.-Drogenabhängigen
- perinatal (selten intrauterin)
- durch Muttermilch.
Derzeit sind weltweit etwa 30 Mio. Menschen mit HIV infiziert, 10 Mio.
Menschen mit Vollbild AIDS.
Aufbau des HIV
- Genom aus 2 identischen RNA.Strängen, gemeinsam mit den Enzymen (reverse
Transkriptase, Integrase, Endonuklease) von einem Kapsid aus Core-Proteinen
umhüllt.
- Das Kaspid wird umhüllt von einer Phospholipidmembran der Wirtszellen. In
diese Lipidmembran sind die Glykoproteine gp120 und gp41 integriert.
- Genloci:
- gag ==> Nukleokapidproteine
- env ==> für Glykoproteine der Lipidmembran (gp129, gp41)
- pol ==> Enzyme (reverse Transkriptase, Integrase, Endonuklease)
- zusätzlich Gene, die virale Replikation steuern: vpr, vif, tat, rev,
nef, vpu
Das US-Center of Disease Control (CDC) definiert 3 Stadien:
- akutes retrovirales Stadium
- asymptomatisches Stadium
- symptomatisches Stadium = Vollbild AIDS
1. akutes retrovirales Stadium:
Das HIV befällt Zellen mit CD4-Rezeptor (TH-Lymphozyten,
Makrophagen, Glia, Langerhans-Zellen der Haut und des Darms). Dabei bindet das
Virus-Hüllenprotein gp120 hochaffin an zwei CD4-Rezeptoren (Quervernetzung!), d.h. an den
Korezeptor für das HLA-II-Antigen. Es folgt die Freilegung des
Virus-Hüllenprotein gp41, das zu einer Fusion der Virushülle mit der
Zellmembran führt.
Am Befall der Zelle sind aber auch noch weitere Korezeptoren beteiligt, z.B. der
Chemokinrezeptor 5 (CCR5).
Alternative Infektionswege:
- Rezeptorvermittelte Endozytose
- Bildung von Riesenzellen durch Fusion einer infizierten Zelle mit einer
noch nicht infizierten Zelle durch gp120
Nach Eindringen in die CD4+-Zelle werden Virusenzyme aktiv, d.h.
die reverse Transkriptase schreibt virale dsRNA in dsDNA um, danach wird durch
virale Integrasen die virale DNA ins Wirtsgenom eingebaut.
Die Virusreplikation
erfolgt dann in TH-Zellen am schnellsten und ist auch von
Zytokinwirkung (durch banale Infektionen) beeinflussbar: TNF-a,
IL-2, IL-6, IL-12 beschleunigen die
Replikation, IFN-a
und IFN-b hemmen.
Nach Transkription der viralen Gene werden im Zytoplasma dieVirusproteine
synthetisiert, diese zusammen mit viralen Enzymen in einen Nukleokapsidkomplex
eingehüllt und schließlich durch Aussprossung (Budding) aus der Plasmamenbran
der Wirtszelle entlassen. Excessives Budding kann die Lyse der Wirtszelle
verursachen.
In der Folge kommt es zur Verbreitung im lymphatischen Gewebe und einer
starken Virämie ==> Abfall der TH-Zellen ==>
akutes retrovirales Syndrom: Fieber, Grippegefühl, Muskel- und
Halsschmerzen, Nachtschweiß, Lymphknotenschwellung, urtikarielle Exantheme,
Schnupfen.
AK treten etwa 3 - 20 Wochen nach dem 1. Kontakt auf.
2. asymptomatisches Stadium (CDC-Statium B)
Abnahme der Virulenz, oft Lymphadenopathie-Syndrom.
Zu Beginn ist jedoch die Virusreplikation gering, trotzdem kommt es zu
einer kontinuierlichen Zerstörung von TH-Zellen, einerseits durch
Riesenzellbildung, andererseits durch das Immunsystem:
- AK binden an env-Proteinen von infizierten CD4+-Zellen ==>
Zelllyse durch ADCC.
- CTL eliminieren infizierte CD4+-Zellen.
- HIV kann auch als TCR-Superantigen Apoptose
auslösen.
- Eine Auswirkung auf den Verlauf haben auch die subpopulationen der CD4+-Zellen:
- Steigende Anteile an TH2-Zellen verhindern durch
IL-4 und IL-10
die Lyse infizierter Zellen
- Sinkende Anteile von TH1-Zellen
aktivieren durch IL-2 und IFN-g eine Zelllyse.
Makrophagen tragen zwar auch das CD4-Antigen, HIV führt aber hier nicht zur
Zelllyse. Sie dienen damit als Virusreservoir und tragen zur Verbreitung der
Viren (z.B. ins ZNS) bei. Gestört wird jedoch die Funktion der Makrophagen:
Chemokinese, Zytokinproduktion und oxydative burst sind herabgesetzt, auch die
Ag-Präsentation ist durch Down-Regulation der MHC-II-Moleküle verringert.
Verlaufsparamter:
- Ein Indikator für das Fortschreiten der Erkrankung ist die Abnahme der
CD4+-Zellen (TH). Gemessen wird hierbei das Verhältnis von CD4+:CD8+ -
Zellen (CD4/CD8-Ratio; Soll um 1,5)
- Zusätzlich wird die "virus-load" als Verlaufsparameter
bestimmt.
3. symptomatisches Stadium
CDC-Statium B:
- gesicherte HIV-Infektion
- Nachtschweiß, Fieber/subfebrile Temperatur, Durchfälle
- Gewichtsverlust von > 10% KG, Abgeschlagenheit
- Anämie, Leukopenie, Thrombopenie, niedrige TH-Zahl (unter
100/mm³; normal wäre über 1000/mm³)
CDC-Stadium C = Vollbild AIDS:
- oppurtunistische Infektionen (= "AIDS-definierende Infektionen")
- Pneumocystis carinii-Pneumonie
- ZNS-Toxoplasmose
- Candida-Infektionen (Ösophagitis, Pneumonie)
- ZNS-Kryptokokkose
- Exazerbation latenter Virusinfektionen (Herpes, ZMV)
- progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML), durch JC-Viren (aus
SV-40)
- Salmonellen-Sepsis
- Tuberkulose
- atypische Mykobakteriosen
- bestimmte Tumoren:
- Kaposi-Sarkom (durch HHV-8)
- malignes Non-Hodgkin-Lymphom vom B-Zell-Typ (Burkitt-Lymphom)
- invasives Zervix-Karzinom
- neurolog. Komplikationen (ausgelöst wahrscheinlich durch freies gp120)
- HIV-Enzephalitis
- HIV-Poliodystrophie (Großhirnwindungsatrophie)
- HIV-assoziierte vakuoläre Myelopathie (Entmarkung der weißen
Substanz im Rückenmark ==> Querschnittssyndrom)